Oder: Was Müsli mit Zeit zu tun hat.

Spaß. Aber im Ernst: Wünschen wir uns nicht alle mehr Zeit?

Ursprünglich wollte ich mit diesem Artikel einen Beitrag zu mehr Effizienz leisten. Doch einerseits klingt das staubtrocken und andererseits möchte ich niemanden in ein Produktivitätsmonster verwandeln. Auch besteht das Ziel dieses Beitrags besteht nicht darin, alle Lesenden zu Meine-Zeit-ist-wichtiger-als-die-aller-anderen-Egozentriker*innen zu machen (Wir alle kennen solche Menschen und haben wahrscheinlich schon mehr als genug von ihnen auf der Welt!). Nein, es geht darum, wie wir alle mehr aus der wertvollsten Ressource überhaupt rausholen können: Zeit.

Warum Zeit?

Dafür gibt es mehrere Gründe.

  1. Einerseits ist Zeit für uns alle endlich, auch wenn wir nicht wissen, wann sie für uns jeweils enden wird. Das macht sie sehr wertvoll.
  2. Im Alltag ist Zeit äußerst gerecht, denn wir alle bekommen jeden Tag, den wir vollständig erleben dürfen, gleich viel Zeit “geschenkt”.
  3. Zeit ist im Gegensatz zu “aufgewendeter Energie” vergleichsweise einfach und einheitlich messbar.

Das macht Zeit zu einer hervorragenden Währung.

Je nach Lebensphase können wir uns als Zeit-Milliardär*innen (vor allem im jungen Alter) oder arme Schlucker betrachten. Doch unabhängig davon, zerrinnt sie in unser aller Hände und rast uns davon. Zeit lässt sich leider (oder zum Glück?) nicht mit einer Maschine generieren. Aber manchmal lassen sich Zeitpotentiale nutzen, um mehr Zeit freizuschalten. In diesem Sinne möchte ich nicht mehr deiner Zeit beanspruchen als nötig und komme direkt zum Eingemachten!

Tipp 1: Schwarze Löcher meiden

Nein, damit meine ich nicht Objekte im All, die so viel Masse haben, dass sie sämtliche Materie, Licht und Information verschlucken und gefangen halten. Denn wir erinnern uns: Unsere Währung ist Zeit. Entsprechend meine ich mit schwarzen Löchern diejenigen Dinge, die unsere Zeit schlucken und unwiederbringlich gefangen halten. Viel zu oft gelingt es uns nicht, uns selbst von diesen schwarzen Löchern zu befreien.

Nun kann man sagen, dass alles, was wir tun, unsere Zeit schluckt und unwiederbringlich gefangen hält. Das stimmt auch. Doch nicht alles, was wir tun, würde ich als schwarzes Loch bezeichnen. Die Frage ist letztlich: Habe ich das Gefühl, dass das, wofür ich meine Zeit aufgewendet habe, mir etwas gibt oder nicht?

Ein Klassiker der schwarzen Löcher sind für mich (a)soziale Medien. Auf den ersten Blick wirken sie interessant, weil sie so viele Inhalte bieten. Rückblickend steht die Zeit, die ich schon auf diesen Plattformen verbracht habe, aber in keinem Verhältnis zu dem, was es mir gibt: Nichts.

Ob der schieren Menge an Inhalten kann ich in der Retrospektive keinen einzigen Inhalt ausmachen, bei dem ich sagen würde, es hat sich gelohnt, so viel Zeit zu investieren. Im Gegenteil: Ich kann mich an nichts so richtig erinnern. In meinem Gedächtnis sind sämtliche Inhalte von diesen Plattformen einfach nur ein großer Eintopf voller Brei – eine völlig undefinierbare, homogene Masse.

Natürlich ist es schade um meine Zeit, die ich nie mehr zurückerhalte. Aber das kann ich ohnehin nicht mehr ändern und mich darüber zu ärgern, würde nur noch mehr Zeit zunichte machen. Deshalb mache ich es lieber einfach in der Gegenwart und Zukunft besser. Heißt: Ich meide solche Plattformen und andere schwarze Löcher, wo ich kann.

Tipp 2: Das OHIO-Prinzip

Für dieses Prinzip konnte ich keine eindeutige Primärquelle ausmachen, aber so viel sei gesagt: Es stammt nicht von mir, ich empfinde es aber als äußerst wirkungsvoll. Mit dem US-Bundesstaat hat es im Übrigen nichts zu tun. OHIO steht für Only Handle It Once – zu Deutsch: Beschäftige dich nur einmal damit.

Mehr muss man zu diesem Prinzip eigentlich gar nicht wissen. Zum besseren Verständnis hilft es jedoch, sich Situationen vor Augen zu führen, in denen man lästige Aufgaben immer wieder aufschiebt, anstatt sie einfach zu erledigen. Besonders deutlich wird die Ineffizienz, wenn es sich um Aufgaben handelt, die ohnehin nur wenige Minuten beanspruchen, beispielsweise das Annähen eines Knopfes an einer Hose. Wenn man sie jedoch wiederkehrend aufschiebt, vergeudet man leicht ein Vielfaches an Zeit, um die Aufgabe erneut für einen bestimmten Zeitpunkt zu planen, nur den Termin dann doch wieder platzen zu lassen.

Stattdessen kann man sie aber auch einfach direkt erledigen und spart sich damit all die Zeit, die man sonst für unnötige Planung benötigen würde. Gleichzeitig befreit man seinen Kopf, weil man die Aufgabe nicht mehr auf dem Schirm halten muss.

Wer mich kennt, weiß allerdings auch, dass ich ohne eine gute Planung nicht ruhigen Gewissens leben kann. Fraglich ist allerdings, wann Planung nötig ist und wann nicht. Meine Daumenregel lautet: Wenn etwas weniger als fünf Minuten in Anspruch nimmt, mach ich es einfach direkt, anstatt es erst zu planen. Und damit ich keine Ausreden finde, habe ich mir zur Vereinfachung für viele wiederkehrende Aufgaben regelmäßige Zeiteinheiten in meinem Kalender blockiert. Damit entfällt auch die Planung für gewisse regelmäßige Aufgaben, die mehr als fünf Minuten Zeit beanspruchen. ;)

Tipp 3: Den Wert der eigenen Zeit kennen

Anfang des Jahres fiel mir auf, dass wir jede Woche mehrere Packungen einer recht einfachen Schoko-Müsli-Sorte kauften. Der Preis erschien mir unverhältnismäßig teuer, denn im Grunde besteht es nur aus Haferflocken, gepufftem Reis mit Kakao und geraspelter Schokolade. Wir verbrauchen aber mehrere solcher Packungen pro Woche. Warum also nicht im großen Stil einfach selbst herstellen, anstatt die offensichtlich mit 750g viel zu klein bemessenen Packungen zu kaufen?

Gesagt, getan: Im Supermarkt kaufte ich die Zutaten einzeln, mischte sie entsprechend den auf der Inhaltsstoffliste angegebenen Verhältnisse und stellte fest: Geschmacklich macht es keinen Unterschied. Preislich aber leider auch nicht. Tatsächlich kommt es uns sogar teurer, wenn ich es selbst herstelle.

Der Knackpunkt sind zwei Posten, die ich bei der ursprünglichen Idee nicht auf dem Schirm hatte:

  1. Geraspelte Schokolade ist im Einzelhandel im Vergleich zu Schokolade am Stück sehr viel teurer, was unter anderem auch an den kleinen Verpackungsmengen liegen dürfte. Allein deshalb liegt der Preis des selbst hergestellten Müslis weit über dem des gekauften. Da ich über keine Berechtigung verfüge, im Großhandel einzukaufen, wird es hier auch nicht günstiger. Natürlich könnte ich sie auch selbst raspeln, doch dann steigt der andere Posten erheblich:
  2. Meine Zeit ist zu wertvoll. (Und das meine ich ohne jede Überheblichkeit.)

Wir sagen zwar oft, dass unsere Zeit unbezahlbar sei, aber wir leben nicht danach. Dafür können die meisten auch nichts, wir leben schlichtweg in einem System, in dem wir Lebenszeit (“Arbeitszeit”) gegen Geld tauschen. Interessanterweise dürfte ein Großteil der Menschen überzeugt davon sein, dass ihre Zeit mehr wert sei, als ihr aktueller Stundenlohn. Wer die Gewissheit möchte, macht diesen Test, der anhand weniger Fragen ermittelt, wie viel dir deine Lebenszeit tatsächlich wert ist.

Wissen ist bekanntermaßen Macht. Mit dem Wissen um den Wert der eigenen Zeit, kann man künftig Entscheidungen rationaler und effizienter treffen. Seit meinem Selbstversuch kaufe ich das Müsli ganz ohne schlechtes Gewissen. Und auch in anderen Bereichen habe ich mein Verhalten entsprechend meinem Wert von Zeit angepasst.

Nehmen wir an, der Wert meiner Zeit sei 30€ pro Stunde. Dann kann ich mittags entweder für 30min selbst kochen und abwaschen oder aber für 15€ auswärts essen. In beiden Fällen werde ich satt (OK, ich persönlich vielleicht nicht, aber die meisten normalen Menschen …). Selbst gekocht habe ich 15€ gespart, auswärts gegessen 30min Lebenszeit, die ich stattdessen mit einem Spaziergang oder, was auch immer mir Freude bereitet, verbringen kann.

Schlussworte

Selbstredend muss man sich meine Ansicht auch praktisch leisten können. Wer mit Social Media sein Geld verdient, wird sich davon nicht so einfach lossagen können wie ich. Wer in einer Festanstellung arbeitet, wird gegebenenfalls gezwungen, unsinnige Arbeiten wieder und wieder zu verrichten, und nicht alle können so frei wählen wie ich, wann, wo und mit wem sie arbeiten. Menschen, die ohnehin jeden Cent drei Mal umdrehen müssen, werden sich bei der Frage “Selbst kochen oder auswärts essen?” wahrscheinlich ebenso anders entscheiden, wie Menschen, die Freude beim Kochen empfinden. Dagegen habe ich auch nichts einzuwenden. Denn Menschen setzen ihre Schwerpunkte im Leben verschieden. Und ja, in gewisser Hinsicht bin ich privilegiert.

Unabhängig davon, möchte ich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man, zumindest theoretisch, jederzeit mehr Geld verdienen kann. Die eigene Lebenszeit hingegen wird unaufhaltsam immer weniger. Deshalb sollten wir sie schützen und wohl überlegt einsetzen, um sie möglichst nach unseren eigenen Wünschen nutzen zu können, statt für Tätigkeiten, die uns keine Freude bereiten.

Welche Tipps für mehr Zeit im Alltag hast du noch? Teile sie gern in den Kommentaren.

Alles Liebe
Philipp