Ob ich sie noch alle habe, habe ich mich während dieses Projekts tatsächlich einige Male gefragt. Es hat eine längere Historie, aber jetzt ist es endlich vollbracht!

Doch fangen wir von vorn an: Wer hier schon länger mitliest, kennt unter Umständen meine Meinung zu Deko, wobei die Winterzeit durchaus eine Ausnahme darstellt. Nichtsdestotrotz gibt es seitens meines Partners schon seit mehreren Jahren Versuche, uns einen Tannenbaum ins Haus zu holen. Letztes Jahr konnte ich ihn noch guten Gewissens auf dieses Jahr vertrösten, da wir vergangenes Jahr im Dezember fast nur unterwegs waren. Doch dieses Jahr hatte ich keine Ausrede mehr. Aber dafür eine Idee.

Letztes Jahr schafften wir uns nicht nur ein vernünftiges Bett an, sondern gleich noch Lattenroste mit dazu. Zuvor hatte ich keine guten Erfahrungen mit Exemplaren mit verstellbaren Latten gemacht, weil die zu häufig aus ihren Gummilaschen sprangen oder gar brachen. Von Lattenrosten mit monströs schweren Rahmen möchte ich gar nicht erst anfangen. Deshalb entschied ich mich für zwei einfache Rolllattenroste á 90cm Breite und hoffte auf Robustheit.

Anzahl Lattenroste im Zwei-Personen-Haushalt: 2

Nach wenigen Wochen war jedoch bereits die erste Latte gebrochen. Also kontaktierte ich den Hersteller und bekam postwendend Ersatz. Den beschädigten Lattenrost verstaute ich derweil unter unserem Bett. Vielleicht würde man ja irgendwann mal einen zusätzlichen Lattenrost brauchen.

Anzahl Lattenroste im Zwei-Personen-Haushalt: 3 (davon einer mit einer gebrochenen Latte)

Wenige Wochen später brach wieder eine Latte und mal wieder an einem Astauge. Wieder schrieb ich dem Hersteller und bat um eine nachhaltigere Lösung, als mir alle paar Wochen einen neuen Lattenrost zu schicken, wenn eine Latte brach. Über Wochen und Monate kommunizierten wir via E-Mail hin und her, um eine Lösung zu finden, die für beide Seiten funktionieren würde. (Zur Verteidigung des Herstellers: Bei E-Mails ohne Deadlines, die nicht für meine Arbeit relevant sind, brauche ich gelegentlich laaaaaaaaang.) Unverhofft erhielt ich schließlich vom Hersteller eine E-Mail, dass sie ihre Rolllattenroste neu gestaltet haben – mit robusterem Holz und mehr Latten. (Man glaubt nicht, wie viel Arbeit in der Entwicklung eines einfaches Rolllattenrostes stecken kann, oder?) Entsprechend wurde mir angeboten, das neue Modell zu erhalten. Natürlich willigte ich sofort ein.

Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass ich direkt zwei neue Lattenroste erhalten würde, da wir ja auch ursprünglich zwei erworben hatten.

Anzahl Lattenroste im Zwei-Personen-Haushalt: 5 (davon zwei mit jeweils einer gebrochenen Latte)

Unter unserem Bett wurde es allmählich eng. Deshalb fasste ich kurzerhand den Entschluss, die Latten der Rolllattenroste anderweitig zu verwenden, und hatte direkt eine Modellbahn im Sinn. Dafür kann man viel Holz gebrauchen. Allerdings fehlten mir dafür dieses Jahr Raum und Zeit.

Parallel dazu suchte ich nach einer nachhaltigen Tannenbaumalternative für unsere Wohnung. Im Internet findet man dazu mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten:

  • Baum im Topf, der hinterher irgendwo gepflanzt werden kann und soll – Aber willkürlich einfach irgendwelche Bäume in städtischen Parks oder gar der Wildnis zu pflanzen, halte ich für genauso wenig praktikabel, wie dass ich den Baum durch halb Deutschland zum Grundstück meiner Familie fahre.
  • Tannenbaum zum Stecken – Erscheint mir jedes Jahr zu viel Arbeit und tangelt dann ja doch.
  • Holzbaum aus Stöcken – Spricht mich optisch nicht an.
  • Spiralbaum aus einer Buchenholzplatte – Sieht gut aus, weshalb ich meinen Eltern solch einen vor zwei Jahren geschenkt habe. Passt aber schlecht zum Jahresmotto.
  • Holzbaum aus übereinander gestapelten Latten – Sieht genial aus, aber Motto und Geldbörse sagen nein. Abgesehen davon …

Ihr denkt es euch schon: Philipp hat ja unzählige Latten über. Dann kann er sich doch einfach selbst einen solchen Baum bauen!

Das dachte ich auch.

Also zählte und vermaß ich meine Latten (übrigens nur 67 ganze und zwei zerbrochene); berechnete, was möglich sein würde; entwarf ein paar verschiedene Modelle; recherchierte unzählige Male in Baumärkten, wie ich die Konstruktion mit handelsüblichen Mitteln stabil halten kann; lieh mir Kreissäge, Bohrmaschine und Bohrer von Papa und transportierte sie im Zug nach Berlin, weil es mir zu umständlich erschien, die 69 Latten zu meinen Eltern und wieder zurückzutransportieren; befreite die Latten mühselig von Band und Tackernadeln; markierte die benötigten Längen und Bohrlöcher; belästigte unsere Nachbarn, während ich über 50 Latten zurechtsägte und über 400 Bohrungen händisch vornahm; baute mir selbst Schablonen, damit das Bohren etwas schneller von der Hand geht; … – um dann beim Aufbau zu merken, dass meine Konstruktion überhaupt nicht kippstabil ist.

Außerdem zerbarsten mir die kleineren Teile beim Bohren. Also ging es zurück ans Reißbrett und in Papas Werkstatt, um die Mängel in der Konstruktion zu beheben. Zum Glück ging das recht problemlos.

Pünktlich zum 01.12. habe ich es zwar nicht geschafft und perfekt ist er auch nicht geworden, aber nach einigen Nacht- und Nebel-Aktionen sowie dank Hilfe von Papa und Partner ist der Baum endlich fertig!

Nachhaltiger Tannenbaum aus wiederverwendeten Lattenrostlatten
Nachhaltiger Tannenbaum aus wiederverwendeten Lattenrostlatten.

Baumschmuck gibt es auch noch. Den habe ich geflissentlich in den selbst zu befüllenden Adventskalender meines Partners gesteckt. Mir gefällt der Baum aber ehrlich gesagt auch ohne Behang sehr gut.

Allen zwischenzeitlichen Frustrationen zum Trotz hat mir dieses handwerkliche Projekt sehr viel Spaß gemacht – und das obwohl ich mich immer für so gar nicht handwerklich gehalten habe. In jedem Fall erscheint es mir eine gute Vorbereitung auf kommende Modellbahnprojekte. Und tatsächlich habe ich auch einiges gelernt:

  1. Alles, wirklich alles, dauert immer länger, als man zunächst denkt. Und sei es nur, weil die Steckkonstruktion in der Mitte des Baumes nicht funktioniert, weil die theoretisch exakt passenden Maße in der Realität eben doch nicht ganz so perfekt sind.
  2. Mehr Hände, schnelles Ende. Und einfacher geht es an einigen Stellen auch – insbesondere wenn man keine Werkbank zu Hause hat. Jedenfalls verstehe ich nun im Ansatz, warum mein Papa zu Hause auf seiner Werkstatt besteht.
  3. Apropos, Do it yourself heißt manchmal auch: Bau dir deine eigenen Werkzeuge, damit es schneller geht.
  4. In der Ruhe liegt die Kraft. Dann macht man nicht nur weniger Fehler, sondern das Material leidet beim Bearbeiten auch weniger.
  5. Raum für Verbesserungen gibt es beim nächsten Mal. Hauptsache erstmal fertig werden.

Und zu guter Letzt: Allem Gefrotzel über Dekoration zum Trotz muss ich mir eingestehen, dass ich mir unseren Tannenbaum tatsächlich auch gern ansehe.

Wie handhabst du das mit der Deko zur Winterzeit im Allgemeinen und dem Tannenbaum im Allgemeinen? Teile es gern in den Kommentaren.

Alles Liebe
Philipp