Sehnsuchtsorte

Wenn ich anderen erzähle, dass ich prinzipiell keine Menschen vermisse, mich aber durchaus auf ein Wiedersehen mit ihnen freue, werde ich oft für sonderbar gehalten. Nach bestimmten Orten sehne ich mich hingegen sehr. Und im Laufe meines Lebens wurden das immer mehr – mehr als ich regelmäßig besuchen kann.

Diese Orte nenne ich Sehnsuchtsorte.

Es hat dabei nicht einmal etwas mit Heim- oder Fernweh zu tun. Und dennoch zieht es mich immer wieder dorthin.

In meiner Kindheit existierte nur ein Sehnsuchtsort in meinem Herzen: Die Alpen. Im Grunde kannte ich nur zwei Orte, in denen ich mich als Kind heimisch fühlte, nämlich meine Heimat im Vogtland und Osttirol, wo meine Eltern jedes Jahr im Sommer mit mir in Urlaub fuhren. Das prägte mich so nachhaltig, dass ich auch als Erwachsener noch das Bedürfnis verspüre, regelmäßig dorthin zu reisen.

Mit zunehmenden Alter gesellten sich nach und nach mehr Sehnsuchtsorte dazu.

In meinen Jugendjahren stieg mein Interesse an Großbritannien. Das lag nicht nur an Harry Potter, sondern meinem Interesse für die englische Sprache und Kultur, die sich bis heute bewahrt hat. Allerdings bestand lange Zeit für mich keine Möglichkeit zur Reise dorthin. Dabei hätte ich so gern einige Zeit dort gelebt. Entsprechend ist nicht verwunderlich, dass mich meine erste eigene Reise dorthin führte und ich in den Folgejahren einige Male zurückkehrte.

Damals studierte ich jedoch in Dresden und lebte ich noch in der Vorstellung, für den Rest meines Lebens dort zu bleiben. Weit gefehlt, denn es dauerte keine drei Jahre bis ich aus Gründen nach München zog und damit eine Umzugswelle anstieß. Nach den meisten Orten, in denen ich lebte, verspürte ich im Anschluss das Bedürfnis, sie regelmäßig zu besuchen. Denn ich wollte in Kontakt bleiben, die Verbindung nicht verlieren und Veränderungen mitbekommen. Einige Zeit ging das auch gut. Aber im Grunde war es ja nur eine Frage der Zeit, bis das aus rein logistischen Gründen nicht mehr möglich sein würde.

Und dann kam Israel.

Damit änderte sich noch einmal alles, denn nach meinem Studierendenaustausch nutzte ich jede freie Gelegenheit, um nach Israel zurückzukehren. Für die anderen Städte und Orte blieb dadurch freilich weniger Zeit.

Außerdem entwickeln sich Städte selbstverständlich und leben alle anderen Menschen ihr Leben auch dann weiter, wenn ich nicht mehr dort bin. (Wie können sie es nur wagen?!) So kam es das eine oder andere Mal vor, dass ich feststellen musste, dass Orte einen Teil ihrer Magie verlieren, wenn ich dort gar keine Menschen mehr kenne. Denn natürlich bin ich nicht die einzige Person, die umherzieht. Meine Herzensmenschen ziehen auch weiter. (Ja, ganz so kalt und rein rational bin ich also wohl doch nicht…)

Und freilich frage ich mich, wie es kommt, dass man zu manchen Orten eine solch starke Verbindung herstellt, dass man sich nach ihnen sehnt, und nach anderen nicht? Liegt es wirklich nur am Ort selbst? Sind es die Menschen? Die Erinnerungen und Erlebnisse, die man mit ihnen verknüpft? Irreführende Ideale, die man sich selbst nur erreichen sieht, wenn man an diesem oder jenen Ort lebt? Oder womöglich einfach eine romantisch verklärte und durch geschicktes Marketing von der Tourismusindustrie ausgelöste Nostalgie?

Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Aber ich mag meinen Sehnsuchtsorten treu bleiben, so wie ich es auch meinen Herzensmenschen bin.

Hast du auch solche Sehnsuchtsorte? Was zeichnet sie aus? Und wie bleibst du mit ihnen in Verbindung? Teile es gern in den Kommentaren!

Alles Liebe
Philipp

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Ursprünglich aufgewachsen bin ich ja im wunderschönen Vogtland – und hatte diese Gegend bis ich 18 wurde auch nie auf Dauer verlassen. Entsprechend dem Dreiländereck (Thüringen – Sachsen – Bayern) ist auch mein Mutterregiolekt geprägt. Meine Eltern nahmen mich Zeit meiner Kindheit viele Jahre mit nach Osttirol – stets die gleiche Region, die gleichen Leute und die gleichen Einflüsse. Das hat Spuren hinterlassen, über die ich heute sehr glücklich bin. Weiterlesen