Vor ein paar Wochen bat mich meine jüngste Cousine, meine Geheimtipps für London mit ihr zu teilen, um sie auf ihre Reise in die britische Hauptstadt vorzubereiten. Brauchbar war letztlich nur einer davon.
“London!”, dachte ich zuerst! “Meine erste große Liebe!” Im Handumdrehen war ich in meinen Erinnerungen versunken und sah mich vor meinem inneren Auge sofort meine sieben Sachen packen und in den nächsten Zug steigen – wie das eben so ist, wenn man sich nach seiner Jugendliebe sehnt.
Zurück in der Realität bemerkte ich den erwartungsvollen Blick meiner Cousine. Diese Spannung! Kaum auszuhalten!
Den Geheimtipp, den ich hier präsentiere, hatte ich natürlich nicht direkt parat, sondern ihr erst später telefonisch mitgeteilt. Zuerst erkundigte ich mich danach, wie lang sie denn vorhatte, zu bleiben, wofür sie sich interessiert und was sie über die Stadt weiß. Im Nachhinein betrachtet hätte ich mir die Fragen schenken können, denn rasch wurde mir bewusst dass:
- meine Cousine sich für andere Dinge interessiert als ich.
- sie einen anderen Erfahrungsschatz aufweist als ich.
- ihre Motivation für die Reise eine ganz andere ist, als das bei mir der Fall war und auch heute wäre.
Folglich sind alle Tipps à la “Das musst du unbedingt gesehen haben!” oder “Dort gibt es das beste Essen!” hinfällig. Denn die Dinge, die mich anfeuern, haben nur bedingt Relevanz für meine Cousine. Außerdem ist das London von meinem letzten Aufenthalt ein anderes als das von heute.
Ehrlich gesagt gibt es in London nichts, dass man unbedingt gesehen haben muss. Aber es gibt viel Sehenswertes. Die Bewertung dessen, was denn nun sehenswert ist und was nicht, ist aber völlig subjektiv. Und das ist auch gut so.
Gleichermaßen ist klar, dass man eine so große und vielfältige Stadt wie London nicht innerhalb von drei Tagen in allen Details ergründen kann. Dafür reicht wahrscheinlich nicht einmal ein ganzes Leben aus. Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch nicht, dass man sich deshalb nicht daran versuchen kann, tief zu reisen.
Den einzigen Geheimtipp, den ich deshalb habe, sei es für Reisen nach London oder irgendwo anders auf der Welt, ist dieser:
Vergiss Reiseführer. Streich die Top Ten der Dinge, von denen andere Menschen meinen, dass du sie gesehen haben müsstest. Mach keine Pläne, nimm dir am besten gar nichts, schlimmstenfalls eine Sache am Tag vor. Und dann geh einfach drauf los, immer deinem Interesse nach. Verweile, wenn dich etwas interessiert. Lass es links liegen, wenn es das nicht tut. Und nimm dir alle Zeit, die brauchst.
Diese Taktik hat für mich beim Reisen bis dato funktioniert – und mir all die Momente und Erfahrungen beschert, von denen ich auch heute noch erzähle. Deshalb lautet das Motto:
Zieh los und finde deine eigenen Geheimtipps.
Alles Liebe,
Philipp
widerstandistzweckmaessig
26/11/2017 — 18:10
Hallo Philipp!
Das ist auch ein Lernprozess. Gar nicht so einfach, nicht das Gefühl zu haben, etwas verpasst zu haben.
Dazu gehört, wirklich auf seine Gefühle zu hören. Dann klappt es auch.
Danke für Deinen schönen Beitrag, der ganz viele Reiseerinnerungen aufgefrischt hat :-) (nicht aus London, da war ich noch nie).
lg
Maria
Philipp
26/11/2017 — 22:05
Hallo Maria,
vielen Dank für das Lob! Es freut mich, wenn meine Worte Wohlbefinden auslösen. :)
Ich stimme dir zu, das ist ein Prozess, der sich über einen sehr langen Zeitraum erstrecken kann. Unter anderem deshalb glaube ich auch, dass meine Cousine mit meinem Tipp nicht sehr viel anfangen kann. Sie wird ihre eigenen Erfahrungen sammeln.
Was FOMO (fear of missing out) anbelangt, halte ich es für ein gutes Rezept, sich stets etwas für eine mögliche Rückkehr in der Zukunft aufzuheben.
Lieber Gruß,
Philipp
widerstandistzweckmaessig
27/11/2017 — 13:17
Hey, das klingt ja auch nach einem sehr guten Ansatz, werde ich mir merken!
lg
Maria
Evelyne
28/12/2017 — 00:34
Treffende Antwort! Ich kann mich noch gut an meine früheren Auslandreisen erinnern. Sicher interessant, aber als eingefleischte Schweizerin suchte ich den Horizont ständig nach Bergen ab und war irgendwie unzufrieden, dass alles so flach war. ^^ LG Evelyne
Philipp
28/12/2017 — 05:09
Hallo Evelyne,
mit Bergen geht es mir ähnlich. Ich habe auch schon beobachtet, dass es mir in bergigen, zumindest aber hügeligen, Regionen ein wenig besser gefällt als im Flachland.
Lieber Gruß,
Philipp