Nach einer geruhsamen Nacht in einem bequemen Bett bei wohligen Temperaturen ging es für mich von der anmutigen Stadt Melnik weiter nach Roudnice.
Doch zuerst gab es ein stärkendes Mahl: Im Kellergeschoss des Hotels gab es einen Frühstücksraum. Speisen und Getränke wurden vom Kellner serviert. Das Frühstück war in Ordnung und recht üppig. Tatsächlich brachte der Kellner immer mehr zu Tisch. Lediglich der “Orangensaft” konnte nicht mithalten, weil er eher wie Orangenlimo ohne Kohlensäure schmeckte.
Im Anschluss unternahm ich noch einen ausgiebigen Spaziergang in der Stadt. Insbesondere die Altstadt an den Weinhängen weiß zu verzaubern, wobei das stimmungsvolle Sonnenlicht der aufgehenden Sonne, das vom aufsteigenden Nebel gebrochen wurde, sein übriges dazutat. Von der alten Stadtbefestigung ist nur noch der Prager Turm erhalten. Den jüdischen Friedhof konnte ich nicht ausfindig machen, er ist aber wohl am Rande der Stadt gelegen. Leider hatte die Propsteikirche St. Peter und Paul geschlossen. Zu gern hätte ich mir nämlich derer Krypta angesehen, gleichwohl sie etwas makaber ist: Darin lagern nämlich über 10.000 menschliche Knochen, die zu Mustern und Formen arrangiert wurden. Unglücklicherweise hatte sie ausgerechnet am Montag geschlossen. (Genaugenommen war sie im laut Beschriftung an der Tür sogar nur am Wochenende und auch dann nur während sehr spezifischer Stunden geöffnet, obwohl im Internet anderes stand.) Also muss ich wohl leider noch einmal wiederkommen. 😌
Im Anschluss an den Spaziergang musste ich zunächst wieder mein Kajak inklusive allem Gerödel den Berg runter tragen und dort alles verstauen. So legte ich erst eine halbe Stunde später ab als geplant, doch das war noch zu verkraften. Tragischer war der Verlust meiner Routenbeschreibung. Zwar hatte ich eine digitale Kopie auf mein dem Handy, doch würde das den Akku sehr stark beanspruchen.
Nach Melnik war die Reise zu meinem Bedauern von sehr viel Verkehrslärm geprägt, denn rechts der Elbe verläuft für einige Kilometer eine Autobahn. Die Gegend herum erwies sich überraschender Weise als sehr flach. Die Ufer des Flusses waren weiterhin von Anglern gesäumt – obwohl Montag war. Womöglich waren das alles gar keine Freizeit-Angler, sondern professionelle?
Selbstredend musste ich unterwegs wieder Schleusen passieren. An der ersten Schleuse in Dolní Beřkovice macht der Schleusenwart wohl gerade Mittag. Entsprechend musste ich länger warten und zog sogar in Erwägung das Kajak händisch umzusetzen. Dafür wurde ich mit einem inspirierenden Blick auf das schönste Gewächshaus, das ich je in einem Garten gesehen habe, belohnt! Der Schleußenwart an der zweiten Schleuse in Štětí war nicht sehr gesprächig, ließ mich aber direkt passieren.
Die nächsten Kilometer waren von Regen und Erschöpfung geprägt. Ersteres trug sicherlich zu Zweiterem bei. Und sitzen konnte ich auch nicht mehr. In einer Routenbeschreibung meinte ich gelesen zu haben, dass dieser Abschnitt in 2,5 Stunden zu schaffen sei. Das kann ich so nicht bestätigen. Entweder liegt es am Boot, an mir oder daran, der Bericht womöglich schon so viel älter war, dass einige Dinge nicht mehr stimmten. Tatsächlich fiel mir häufiger auf meiner Reise auf, dass Berichte von nahezu vor fünfzig Jahren, die ich im Internet fand, einiges an Aktualität eingebüßt hatten.
Am Nachmittag entschloss ich mich dazu, die Nacht im “Sport Hotel” Roudnice zu verbringen. Aussetzen konnte ich am Ufer des lokalen Ruderclubs. Wichtig hierbei: Man sollte vorher fragen, wenn Leute vor Ort sind. Das erspart argwöhnische Blicke und Missverständisse. Die Rezeptionistin im Sport Hotel sprach kein Englisch, doch mit Händen und Füßen konnten wir uns sehr klar verständigen: Nein, es gibt kein Frühstück. Nein, ich sollte mein Kajak nicht auf der Wiese vor dem Gebäude stationieren, weil es jemand stehlen wird. Ja, sie hat einen Platz für mich, wo ich es sicher zwischenlagern kann. Dankenswerter Weise gab es einen Partyraum, der gerade nicht genutzt wurde und sie gab mir den Schlüssel zu ebendiesem.
Das Sport Hotel kann man sich wie eine Jugendherberge mit Fokus auf Sport und angeschlossener Turnhalle vorstellen. Deshalb haben dort auch vordergründig Sportvereine übernachtet, die bis in die Nacht hinein, Hand-, Fuß- und Basketball gespielt haben. Sogar eine Sauna gab es, zu derer Nutzung ich es jedoch nicht geschafft habe. Insgesamt würde eine Renovierung gut tun, aber es erfüllte seinen Zweck und war günstig. Mein Zimmer selbst war sehr spartanisch eingerichtet, verfügte jedoch über einen Kühlschrank, was mich überraschte.
Auf Empfehlung eines Einheimischen speiste ich abends noch in einem Lokal in der Altstadt. Es gab Wrap. Der war in Ordnung. Schließlich erkundete ich die Stadt noch ein wenig bei Nacht, bevor ich mich zurück begab, um mich zu betten. Die Sportler (tatsächlich ausschließlich männlich) waren zwischenzeitlich auch zur Ruhe gekommen.
Fortsetzung folgt…
Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Mit dem Kajak von Prag nach Dresden.