Bereits in der Schule werden wir dazu angeregt, über den Sinn des Lebens zu sinnieren. Die richtige Antwort gibt es dabei nicht. Trotzdem versuche ich es mit einem Gegenvorschlag.

Ehrlicherweise hat mich eine Tiefphase dazu inspiriert, diesen Text zu schreiben. Eines Abends nach getaner Arbeit saß ich zu Hause, während sich in meinem Kopf ein Karussell drehte: Aufstehen, Arbeit, Essen, Arbeit, Medienkonsum, Schlafen und schon schließt sich der Kreis. Der Inhalt kann freilich abweichen, aber die Frage bleibt: War es das schon? Jeden Tag dasselbe Programm, bis wir ins Gras beißen?

Die Pandemie tat freilich ihr Übriges dazu, denn wenn sämtliche geliebten Freizeitbeschäftigungen und Leidenschaften nicht mehr stattfinden, der Broterwerb jedoch weiterhin Tag für Tag, bleib da nichts mehr außer Arbeit, Arbeit, Arbeit.

All work and no play makes Jack a dull boy

Redensart

Schließlich erschien alles so sinnlos und ich begann zu hinterfragen, wofür wir all das eigentlich tun, wenn es doch am Ende keine Bedeutung haben wird. Jeder Moment soll zählen. Doch egal, was wir erschaffen, es wird nicht von Ewigkeit sein. Ganz gleich, welche Meisterwerke oder Schäden wir der Nachwelt hinterlassen, am Ende ebendieser wird auch das keinen Bestand haben. Ganz am Schluss wird auch vom Universum nichts mehr übrig bleiben.

Einerseits empfinde ich diesen Gedanken als ungemein befreiend, denn er führt vor Augen, dass wir uns selbst nicht so wichtig nehmen brauchen. Die letzte Reise treten wir alle nackt ohne Gepäck an, unabhängig von all den Lasten, die wir uns das Leben über aufgebürdet haben. Andererseits demotiviert diese Idee ungemein und ich hüte mich davor, durch sie nicht in ein großes schwarzes Loch gezogen zu werden.

Welch Tragik sich dahinter verbirgt, dass jede Sekunde, die verstreicht, unwiederbringlich von uns abbröckelt, bis wir selbst zu Staub zerfallen! Welch Gleichgültigkeit mir begegnet, wenn ich daran denke, dass es Milliarden anderen Menschen ebenso geht, denen ebenfalls nicht zu helfen ist, und all die Bemühungen um Ansehen, Erfolg und Ruhm so vergebens sind, weil sich bereits in wenigen Jahrhunderten niemand an uns erinnern kann. Oder kennst du die Namen und Taten der Milliarden, die vor uns auf diesem Planeten lebten? Milliarden Menschen vergeuden Jahrzehnte damit, etwas von Dauer zu hinterlassen. Wofür?

Auf das, was vor uns geschah oder nach uns geschehen wird, können wir noch weniger Einfluss nehmen als auf den Großteil dessen, was um uns herum heute geschieht. Lediglich unser eigenes Handeln liegt innerhalb unseres kleinen Machtbereichs. In diesem sehe ich exakt drei Möglichkeiten, um unsere bereits verdammte Lebenszeit aufzuwerten:

  1. Wir verwenden sie auf diejenigen Aktionen, die uns selbst Freude bereiten. Dann haben wir zwar nichts erreicht, aber fühlen uns zumindest wohl.
  2. Wir setzen sie ein, um anderen Wesen Freude zu bereiten. Dann haben wir etwas erreicht und fühlen uns womöglich sogar noch ein Stück besser.
  3. Wir widmen uns Themen, die uns persönlich am Herzen liegen, auch wenn uns die Arbeit mit ihnen keine Freude bereitet, sondern sogar zermürbt.

Diese drei nenne ich Lust, Liebe und Leidenschaft. Alles andere ist wohl Zeitverschwendung.