Eine Welt voller Barrieren

Seit geraumer Zeit wirkt Moabit wie eine einzige Baustelle. Der Grund dafür ist eigentlich ein freudiger; wir erhalten eine Straßenbahnlinie. Gleichzeitig zeigt es mir, wie ungerecht unsere Gesellschaft an vielen Stellen gestaltet wird. Heute: Nicht vorhandene Barrierefreiheit.

><p>Es gibt jedoch Menschen, denen es damit noch schlechter geht, wie ich selbst erst lernen durfte. Neulich befand ich mich auf dem Heimweg aus dem Büro, als ich wie jeden Tag die unsägliche Baustelle passierte. Dabei fiel mir ein älterer Mann mit Langstock auf, der mit diesem die Absperrung abtastete und so versuchte, die Straße an der richtigen Stelle zu überqueren. Da er die Stelle, an der Fußgänger*innen die Straße überqueren sollen, nicht ausmachen konnte, bot ich ihm Hilfe bei der Überquerung an. Diese nahm er auch dankend an und sagte: ” jeden=”” tag=”” ändert=”” sich=”” diese=”” baustelle=”” und=”” ich=”” weiß=”” nie,=”” wo=”” langgehen=”” soll.”<=

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ja, die Baustelle ging allen im Alltag auf die Nerven. Doch für Menschen mit beeinträchtigtem Sehvermögen stellt sie einen Albtraum dar. Diese Menschengruppe wurde einfach nicht mitbedacht.

Seitdem erlebte ich noch mehr solcher Aha-Momente. Einer davon ereignete sich, als ich die Türklingel im Büro beantwortete und fragte, wer dort sei. Über die Kamera konnte ich sehen, wie eine Person gestikulierte, aber ich konnte über die Lautsprecher nur den Straßenverkehr hören. Nachdem ich drei Mal gefragt hatte und keine Antwort vernehmen konnte, ließ ich die Person einfach rein und bestellte sie in den dritten Stock. Schließlich empfang ich einen gehörlosen Kurier und verstand, wie diskriminierend unsere Klingelanlage für einige Menschen sein muss. Denn wahrscheinlich war diese Situation kein Einzelfall für den Kurier.

Und wo wir schon bei der Arbeit sind, fällt mir noch eine Treppe ein, die es den meisten Menschen ermöglicht, den Höhenunterschied von zwei Gebäudeteilen zu überwinden. Aber eben nur den meisten Menschen, weil es an dieser Stelle keinen Treppenlift oder dergleichen gibt.

Seit meinem Schlüsselerlebnis, bei dem ich begriff, dass unsere Welt nicht im Geringsten frei von Barrieren ist, fallen mir zunehmend mehr davon ins Auge und ich frage mich:

  • Warum macht unsere Gesellschaft einzelne Menschen wortwörtlich zu Behinderten, weil diese nicht mitgedacht werden?
  • Wieso werden Achtsamkeit und Bewusstsein für Barrierefreiheit nicht in der Schule gelehrt?
  • Weshalb beinhaltet der Lehrplan im linguistischen Bereich keine Gebärdensprachen?

Und schließlich in diesem Zusammenhang noch eine andere Frage von gesamtgesellschaftlicher Relevanz: Wieso verdienen nicht alle erwerbstätigen Menschen mit Behinderung den gesetzlich festgelegten Mindestlohn?

Auf keine dieser Fragen habe ich Antworten parat. Aber wenn wir schon über mehrere Monate hinweg komplette Straßen aufreißen und sperren, um dort Schienen neu zu verlegen (,die es früher übrigens schon gab und dann wieder entfernt wurden), können wir dann nicht auch solche weniger physischen Probleme angehen und meistern? In meinen Augen ganz klar: Ja, natürlich! Wir müssten lediglich die ersten Schritte auf diesem noch langen vor uns liegenden Weg wagen.

Alles Liebe
Philipp

2 Kommentare

Antworten

  1. Moin Philipp,
    kurze Frage, geht der Text noch weiter oder ist er bei „Nicht vorhandene Barrierefreiheit“ zu Ende?
    War mir beim vorigen Artikel auch schon aufgefallen, sehr kurz und normal schreibst du ja immer auch einen Gruß und deinen Namen drunter, nur bei diesem und dem vorigen nicht.

    Wenn es alles richtig ist dann ok :-D und ich bin nicht mehr so verwirrt. Wollte auf jeden Fall mal fragen.

    Liebe Grüße, Aurelia

    • Hallo Aurelia,

      vielen Dank für den Hinweis! Es gab ein Problem mit einem Block in WordPress, das dazu geführt hat, dass sämtlicher Text nach dem Block nicht angezeigt wurde. Das habe ich nun aber endlich beheben können. Jetzt ist auch die Grußformel wieder mit drin. :)

      Allerdings lasse ich die Grußformel manchmal bewusst weg, wenn ich den Eindruck habe, dass sie nicht passt. Aber dennoch finde ich es sehr aufmerksam von dir, dass dir das überhaupt aufgefallen ist!

      Lieber Gruß
      Philipp

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