Zurück in Litoměřice – mit flauem Magen – benötigte ich zunächst etwas Vernünftiges zu Essen. Denn die Backwaren vom Morgen hielten nicht lang vor. Also begab ich mich in eines der zahlreichen Lokale mit urigen Gewölben und bestellte einmal alles, was mein Herz begehrte:

  1. In Öl eingelegter Hermelinkäse mit Zwiebeln und Paprika – Nein, dieser Käse stammt nicht von Hermelinmilch, wie ich eigens erfragt habe. Es handelt sich um einen gewöhnlichen Weichkäse.
  2. Gebackener Käse an Kartoffel- und Semmelknödeln mit Tartatensoße – Wie es sich geziemt, war der Käse paniert. Das hatte ich eigentlich schon die ganze Zeit essen wollen, allerdings konnte ich mich nicht zwischen Kartoffel- und Semmelknödeln entscheiden und bestellte kurzerhand beide dazu.
  3. Palatschinken – Dessert muss sein!

Im Anschluss unternahm ich noch einen nächtlichen Verdauungsspaziergang, bevor ich mich gut gesättigt zur Nachruhe begab.

Den nächsten Morgen begann ich mit einer kurzen Foto-Tour in Litoměřice. Es war toll, mit anzusehen, wie die Stadt langsam erwachte und Leben zurückkehrte, denn nach und nach öffneten die vielen kleinen Geschäfte ihre Pforten. Diese Gelegenheit nutzte ich direkt, um mich mit ein wenig Obst und Gemüse einzudecken. Außerdem wartet die Altstadt mit einigen Schmuckstücken auf, unter anderem:

  • Als im 11. Jahrhundert zuerst erwähnte und im 13. Jahrhundert unserer Zeit formell gegründete Stadt, zählt sie zu den ältesten Städten Tschechiens.
  • Direkt an den Markplatz grenzen neben diversen Schmuckbauten das alte Rathaus, der Stadtturm, das neue Rathaus (wegen seines Daches auch Kelchhaus genannt) und das Renaissancehaus Zum Schwarzen Adler mit beeindruckender Sgraffito-Fassade an. Letzteres zeugt von den vielen italienischen Bauleuten, die während des 17. Jahrhunderts unserer Zeit in der Gegend beauftragt und ansässig wurden.
  • Auf einem eigenen Hügel steht der Stephansdom mit freistehendem Turm.
  • Generell gibt es recht viele eindrucksvolle, teils turmartige Gebäude in der Stadt und eine gut erhaltene Befestigungsanlage.
  • Außerdem strotzt Litoměřice vor Villen.

Für eine Besichtigung der unterirdischen Tunnelanlagen blieb mir leider keine Zeit mehr, da diese ausschließlich von Mai bis September jeweils täglich von 11:00 bis 15:00 Uhr geöffnet waren. Aber was soll’s! Ich komme doch gerne wieder!

Zurück in der Unterkunft erwartete mich auch schon direkt das Frühstücksbuffet, um mich für den Tag zu stärken. Der Check-out gestaltete sich etwas schwierig, weil keine der anwesenden Angestellten Englisch sprach, aber auch das ließ sich mit den üblichen Mitteln (Hände, Füße, Übersetzungsfunktion des Handys) lösen.

Bevor ich wieder ablegen konnte, musste zunächst einmal mein gesamtes Inventar wieder aus dem kleinen Raum heraus. Bei diesen Gängen fiel mir dann auch auf, dass die Unterkunft sogar über einen eigenen Raum für Fahrräder verfügt, der um ein Vielfaches größer war als mein Zimmer. Mein Kajak hätte dort sehr entspannt hineingepasst. Warum hatte ich das nur am Vortag nicht gesehen?

Foto Visuell ein Idyll, auditiv nicht
Visuell ein Idyll, auditiv nicht

Der Tag selbst verlief wie eine Achterbahnfahrt: Emotional war es einziges Auf und Ab. Erfreulich war, dass ich endlich mal einen weiteren Kanuten auf dem Wasser traf – sogar im gleichen Modell. Im Gespräch erfuhr ich, dass er selbst noch ein paar weitere Kajaks besaß und dieses gerade testete. Er verabschiedete mich mit der Frage, ob ich keine Angst hätte, dass mein Kajak in Tschechien gestohlen werden könnte. Tatsächlich hatte ich bisher Glück mit der Unterbringung meines Kajaks gehabt und hoffte, dass ich auch weiterhin immer eine Unterbringungsmöglichkeit finden würde. Denn unabhängig vom Land wollte ich mein Kajak nicht unbeaufsichtigt draußen liegen lassen, wenn ich nicht direkt daneben schlafe.

Unterwegs begleitete mich ungeheuer viel Verkehr auf beiden Seiten des Flusses. Das trübte das Idyll schon recht stark, auch wenn die Landschaft vom Wasser aus zauberhaft war. Bei einer Pinkelpause unterwegs stieß ich auf eine Tomatensorte, die ich noch nie zuvor gesehen hatte: Ihre Früchte waren komplett schwarz, ohne vergammelt gewesen zu sein. Leider habe ich mich nicht getraut, eine zu pflücken, denn ihr Geschmack hätte mich schon sehr interessiert.

Foto Beweisfoto: Schwarze Tomaten
Beweisfoto: Schwarze Tomaten

Im Laufe des Tages stellte ich zudem fest, dass eine Luftkammer meines Kajaks undicht war. Zum Glück betraf es “nur” eine Sicherheitskammer, die mich im Falle eines Lecks über Wasser halten soll, allerdings hält diese Kammer auch die Rückenlehne in Position, was dazu führte, dass diese schließlich vollends nach hinten klappte und mein Sitz während des Paddelns die ganze Zeit verrutschte. Als Improvisorium klemmte ich die Rückenlehne nicht hinter den Süllrand, sondern davor und nutzte meinen Rücken als Gegenwicht, um es in Position zu halten. Das funktionierte halbwegs.

Außerdem passierte ich die letzte Schleuse. Mit 7,8m zu schleusender Höhe und dem vorherigen Ausblick auf die Burg Schreckenstein war dies der Höhepunkt des Tages! Leider verpasste ich aufgrund der starken Strömung direkt im Anschluss meinen Ausstiegspunkt, sodass ich am Ende noch einmal hundert Meter gegen diese paddeln musste.

Nach ein paar Minuten Fußmarsch mit dem üblichen Kajakgerödel fand ich schließlich mein privat vermietetes Bed & Breakfast in Ústí nad Labem. Ein Ehepaar besaß das dazugehörige Haus und vermietete einzelne Zimmer an Reisende. Freundlicher Weise durfte ich mein Kajak im Flur zwischenparken, wo es wie ausgemessen reinpasste. Für gewöhnlich stand nun noch eine kleine Entdeckungstour an, allerdings war ich echt fertig und schlief nach der warmen Dusche einfach direkt ein.

Fortsetzung folgt.

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Mit dem Kajak von Prag nach Dresden.