Vergiss Filme – Ich werde Tauchlehrer!
Ich habe mir vor kurzem einen Wunsch erfüllt – und wurde mehr als positiv überrascht! Eine neue Leidenschaft wurde in mir entfacht; mir hat sich sprichwörtlich eine ganz neue Welt aufgetan. Und neben dem Tauchen an sich habe ich auch noch jede Menge gelernt. Lese hier, was.
Allem voran: Es gefiel mir so gut! Unter Wasser zu atmen, fühlte sich gar nicht so fremdartig an, wie erwartet, und ich fühlte mich wohl in der entspannten und willkommen heißenden Atmosphäre des Tauchklubs. Mich hat die Vielfalt der Unterwasserwelt einfach nur umgehauen! Da kann Nemo einpacken! :D
Mein persönlicher Höhepunkt war aber, als eine Krake beschloss, mir einen weiteren Wunsch zu erfüllen! Während einer Übung unter Wasser war plötzlich total viel los um uns herum. Als mein Tauchlehrer und ich daraufhin etwas die Umgebung erkundeten, sichteten wir eine Krake, die sich farblich und strukturell an die Felsen ihrer Umgebung angepasst hatte. Als sie merkte, dass wir sie sahen, färbte sie sich plötzlich rot und versuchte zu fliehen. In einer Felsspalte passte sie sich schließlich wieder ihrer Umgebung an. Aber wir sahen sie immer noch. Daraufhin hat sie sogar etwas Tinte abgeschossen. :) Das hat mich total beeindruckt und ich war wie im siebten Himmel! Selbst mein Tauchlehrer war hin und weg!
Leider konnte ich meinen Tauchkurs nicht beenden, weil ich zwischenzeitlich krank wurde. Das Gute daran: Ich fuhr noch einmal hin und ich konnte so doppelt genießen. Und es gibt ja auch noch Aufbaukurse. ;) Auf jeden Fall möchte ich damit weitermachen! Denn Tauchen ist nicht nur Sport, Spaß und Sensation – es ist für mich auch eine Art Meditation. Unter Wasser ist es so ruhig und friedlich und es fällt total leicht, allen Gedankenballast abzuwerfen.
So, genug der Schwärmerei. Kommen wir zum Gelernten. Eins vorweg: Im Grunde wusste ich das alles auch schon vorher. Nur mit der Anwendung im Alltag klappt es nicht immer so gut. Deshalb finde ich es gut, Wissen noch einmal am praktischen Beispiel zu erleben.
Ich weiß nichts.
Klar, ich habe schon diverse Filme gesehen, die die Licht in die Unterwasserwelt gebracht haben. Das steht in meinen Augen jedoch in keinem Vergleich, mittendrin zu sein. Da wurde mir einmal mehr bewusst, wie wenig von unserer Welt wir eigentlich wissen. Dabei bedecken die Ozeane zwei Drittel der Erde. Und noch immer ist das Leben unter Wasser nahezu unerforscht, wenn man bedenkt, wie viel wir bereits über andere Bereiche wissen. Warum forschen wir eigentlich schon im All?
Nicht so verbissen!
Wer sich Taucherausrüstung mal genauer anschaut, wird erkennen, wie wirklich jedes für den Mund vorgesehene Teil eigentlich dazu einlädt, fest die Zähne darauf zu pressen. Das ergibt auch Sinn, schließlich soll unter Wasser nichts verloren gehen. Es ist leider auch sehr ermüdend – sowohl für meinen Kiefer, als auch für das Material. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Mundstücke ich bereits durchgebissen habe. Dabei geht es auch viel einfacher. Ich muss meine Zähne dafür nicht benutzen. Das Mundstück mit den Lippen zu umschließen reicht in den meisten Fällen bereits aus. Falls ich merke, dass es etwas turbulenter wird, kann ich die Zähne immer noch zusammenbeißen.
Das gilt auch für meinen Alltag. Ich muss nicht immer ales so verbissen sehen und unter Kontrolle halten. Je stärker ich versuche, Dinge zu kontrollieren, desto mehr entgleitet mir die Kontrolle meist. Locker-flockig geht es häufig viel einfacher daher.
Tief durchatmen…
Beim Tauchen lernt man, ruhig und langsam ein- und auszuatmen, um Luft zu sparen und so die potentielle Zeit unter Wasser möglichst zu verlängern. Leider verbrauchen wir Menschen mehr Luft, wenn wir uns körperlich anstrengen. Das ist unter Wasser wegen des erhöhten Widerstandes zudem noch eine Stufe anstrengender. Durch das Vermeiden von hektischen Bewegungen unter Wasser, spare ich also nicht nur Luft, sondern auch Energie. Darüber hinaus vertreibe ich keine Meeresbewohner und wühle keinen Sand auf, was beides wesentliche Vorteile für das Erlebnis sind.
Das begegnet mir auch jeden Tag im Leben: Hektik steckt an und vergrault schlimmstenfalls Menschen. Die wenigsten Menschen mögen Hektik. Wir wollen ein möglichst entspanntes Leben, auch wenn wir häufig das Gegenteil bewirken: Wir lassen uns stressen, stressen andere und merken gar nicht, was passiert, weil wir in der Zwischenzeit nicht innehalten.
Ein einfaches Hilfsmittel: Tief durchatmen und einfach mal zur Ruhe kommen, hektische Bewegungen (oder einfach mal alle) einstellen.
Dazu erinnert mich noch an eine Geschichte: In der Bäckerei meines Vertrauens hier in Jerusalem behelfen wir uns immer der wenigen Sprachkenntnisse die wir jeweils von einander haben. Manchmal habe ich es eilig und brauche dennoch etwas aus der Bäckerei. Also stürme ich zur Theke und untermaure meine Bestellung mit Handzeichen in Richtung des Verkäufers. Dieser wiederholt meine Gesten überzogen mit einem breiten Grinsen und wedelt mit seiner Hand direkt vor meinem Gesicht herum. Ups, dachte ich. Das war wohl etwas zu hektisch.
Gut Ding will Weile haben.
So schön die bunten Korallenriffe sind, so zerbrechlich sind sie auch. Sie sind ein fragiles Ökosystem, das zunehmend unter menschlichem Einfluss leidet. Das wird vor allem bei grauen Korallen deutlich – die sind tot. Viele davon findet man auch am Strand, wenn man sich ein wenig umsieht. Und jetzt der Schock: Korallen wachsen im Jahr etwa ein bis zwei Zentimeter. Anhand dessen kannst du dir ausrechnen, wie lang die Korallen in meinem Video gebraucht haben, bis sie ihre jetzige Größe erreicht haben.
Die meisten Großartigkeiten benötigen viel mehr Zeit, als es braucht, sie zu zerstören. Das stimmt mich sehr dankbar und wesentlich umsichtiger im Umgang mit meinem Alltag. Meine Bildung, Sprachkenntnisse, Beziehungen, Werke – all das braucht seine Zeit, um zu gedeihen. Das sollte nicht nur Mahnmal sein, Dingen ihre Zeit zu geben. Es sollte uns auch vergegenwärtigen, wie schnell wir sie kaputt machen können. Besonders Beziehungen zu anderen Menschen und Werke. Man denke nur an all die Wunder der Natur, die sich über Millionen von Jahren entwickelt haben. Und dann kommt der Mensch und zerstört mehrere Hundert am Tag.
Manche Menschen müssen an die Hand genommen werden
Gerade wegen des letzten Punktes ist es immens wichtig, dass Menschen, die tauchen wollen, entsprechend ausgebildet werden, um keine gravierende Schäden zu hinterlassen. Meiner Erfahrung nach macht es keinen Sinn, das Tauchen zu verbieten, denn das würde den Reiz nur noch erhöhen und dann machen es die Menschen einfach so. Wie gesagt: Tauchen ist eine großartige Erfahrung, die ich jedem Menschen nur wünschen kann!
Ich halte es an dieser Stelle für wichtiger, Tauchinteressierten den umsichtigen Umgang zu lehren, um Zerstörung zu vermeiden. Wir beeinflussen die Ökosysteme unter Wasser natürlich ohnehin bereits durch unseren Tauchgang. Deshalb ist es umso wichtiger, nicht aktiv in diese einzugreifen. Abgesehen davon, dass es auch sicherer für uns Taucher ist, heißt es nicht ohne Grund, dass man seine Hände am Körper behalten und nichts anfassen soll. Sehen geht mit den Augen. ;)
Leider habe ich während meiner Tauchgänge neben sehr vielen guten Beispielen auch Negativbeispiele erlebt – sowohl bei Lernenden als auch bei Tauchlehrern. Lernbedarf und sich gegenseitig aufmerksam machen ist also auch weiterhin nötig und wird es auch immer sein.
Wie geht es weiter?
Entsprechend möchte ich auch meine Tauchkenntnisse immer wieder auffrischen und weiter ausbauen. Wer weiß, vielleicht ja sogar eines Tages hin zum Tauchlehrer. Das scheint mir nämlich ab und an ein ganz angenehmes Einkommen zu sein: Ich tauche und werde dafür bezahlt, anstatt zu bezahlen. Das hat natürlich nicht nur Sonnenseiten: Tauchlehrer zu sein ist Vollzeit und körperlich sehr anstrengend. Falls ich also einmal als Tauchlehrer arbeiten werde, sollte ich mir bewusst sein, dass ich währenddessen sehr wahrscheinlich nichts anderes machen werde. Doch das wäre es mir wert! Schauen wir, was die Zukunft bringt.
Alles Liebe,
Philipp
widerstandistzweckmaessig
12/06/2015 — 18:07
Hallo Philipp!
Das klingt wirklich SEHR begeistert! Der Film, den Du vor kurzem gezeigt hast, war aber auch wirklich genial, kann ich gut verstehen, dass Dir das so gut gefällt.
Ich habe tauchen nur 1 x ausprobiert, das hat mir vom Körpergefühl auch super gefallen (ich war nicht im Meer tauchen).
lg
Maria
Philipp
16/06/2015 — 08:39
Hallo Maria,
vielen Dank! :)
Das klingt für mich ganz so, als solltest du es noch mal probieren. Es gibt meines Wissens sogar weit abseits der Meere Tauchklubs. Ich möchte auch unbedingt mal in heimatlichen Gefilden im Süßwasser tauchen. Wer weiß, was dort noch so schlummert?
Lieber Gruß,
Philipp
widerstandistzweckmaessig
16/06/2015 — 08:47
Hallo Philipp!
Eine befreundete Familie taucht seit Jahren leidenschaftlich gerne, von daher weiß ich auch, dass es in der Nähe einen Tauchclub gibt. Sie machen immer wunderschöne Urlaube!
Wenn ich all meinen Leidenschaften nachgehen wollte, dann müsste mein Tag 100 Stunden haben und Erwerbsarbeit hätte gar keinen Platz mehr.
lg
Maria
Philipp
17/06/2015 — 15:54
Hallo Maria,
ja, das Zeitproblem ist ein bekannter Verdächtiger. :) Deshalb ist es meines Erachtens auch wichtig, sich zu fragen, was man im Leben möchte. Abseits davon mache ich ja auch nicht immer alles.
Lieber Gruß und einen schönen Urlaub!
Philipp
Claudia
29/06/2015 — 08:54
Hallo Philipp,
Na da haben wir es ja: das Thema Tauchen :-) Bei den Wünschen noch darüber geschrieben und nun hast du es mal probiert. Das Gefühl des Tauchen hat was von Meditation. Ich nannte das ja, so weit ich mich erinnern kann auch ein Versinken in eine ruhige, andere Welt. Das Bubbern, das Knistern, diese Ruhe und auch dieses schwerelose Gefühl. So muss sich doch ein Astronaut fühlen, aber vielleicht ist das auch nicht vergleichbar und würde bei echtem Praktizieren im Vergleich hinken. Tauchen mit Flasche einfach genial. Mehr wollte ich dazu auch schon gar nicht mehr schreiben. Hat gedauert bis ich Zeit hatte diese Zeilen zu tippen. Aber sie kommt dann doch … Gut Ding braucht halt auch Weile oder die Muse :-)
Grüße Claudia
Philipp
03/07/2015 — 05:31
Hallo Claudia,
dieses meditative Gefühl hatte ich unter Wasser auch!
Ich denke, der Vergleich mit dem Astronauten hinkt gar nicht so sehr, schließlich üben die nicht ohne Grund unter Wasser. ;)
Lieber Gruß,
Philipp