Ein Monat ist bereits vergangen, seitdem ich nach Berlin gezogen bin. Wenn es jedoch nach meinem Bauchgefühl ginge, würde es weder bejahen, dass schon vier Wochen verstrichen sind, noch dass ich in der Hauptstadt wohne.

Mein Zimmer jedenfalls lässt noch nicht darauf schließen, dass hier tatsächlich jemand wohnt. Es beinhaltet bisher ein Bett, diverse Rucksäcke und Koffer sowie einen Wäschekorb, sieht also eher nach Aufbruch als nach Ankommen aus.

Rucksäcke nutze ich bevorzugt zum Transport von Dingen, inbesondere wenn ich mal wieder mit Hilfe der Öffis umziehe. Den Wäschekorb hatte ich noch von meiner Zeit aus Dresden. Das Bett hat mir ein jüngst zusammengezogenes Pärchen für lau vermacht, das nichts mit dem zweitem Bett im nunmehr gemeinsamen Haushalt anfangen konnte. Ja, Berlin ist die Stadt der Möglichkeiten. Im Grunde kann man hier den kompletten Hausrat kostenlos oder zumindest für wenig Geld bekommen, wenn man nur etwas Geduld und wenig Ansprüche mitbringt. Warum auch nicht Dingen einen zweiten, dritten oder n-ten Verwendungsweck geben? Da ich es nicht eilig, aber sehr konkrete Vorstellungen davon habe, was in mein Zimmer soll und was nicht, bleibt es also erstmal spartanisch.

Außerdem hatte ich ja auch noch andere Dinge vor, beispielsweise die neue Stadt zu erkunden! So wähnte ich mich schon an jedem Wochenende einen neuen Stadtteil zu erlaufen. In der Realität habe ich seit meiner Ankunft erstaunlich wenige Wochenenden überhaupt in Berlin verbracht. Erst ging es für ein paar Tage mit dem Liebsten nach Hamburg, dann nach München zur Geburtstagsfeier des Mutterkonzerns und schließlich auch schon wieder in die (erste) Heimat, um ein paar persönlichere Geburtstage zu feiern. Außerdem komme ich unter der Woche ohnehin nicht so recht nicht aus dem Kiez raus: Praktischer Weise habe ich ein Zimmer gefunden, das sich im wahrsten Sinne des Wortes um die Ecke meiner Arbeit befindet. Das erspart mir gerade in Berlin, wo doch alle stets darüber klagen, wie viel Zeit man darauf verwendet, von einem Punkt an den nächsten zu gelangen, unglaublich viel Zeit. Die kann ich stattdessen auf mir wichtigere Dinge verwenden.

Andererseits führt es leider auch dazu, dass ich werktags weder viel von der Stadt sehe, noch irgendwelche meiner Freunde hier getroffen habe, obwohl sich alle so darüber gefreut hatten, dass ich jetzt in Berlin wohne. Darin zeigt sich nämlich die weniger charmante Seite der Kieze: Man muss ja gar nicht so wirklich raus, weil man alles vor Ort geboten bekommt, wenn man von den über die gesamte Stadt verteilten Freunde mal absieht. Deshalb fühlt es sich auch gar nicht wirklich so an, als würde man in ein und derselben Stadt leben.

Alles Liebe
Philipp

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Tagebuch einer Großstadt.