Die Bundestagswahlen in Deutschland stehen kurz bevor und als politisch ambitionierter Mensch möchte ich natürlich Gebrauch von meinem mir zustehenden Wahlrecht machen. Doch wie funktioniert das eigentlich, wenn ich nicht in Deutschland bin? Sehr unkompliziert!
Hier ist alles, was du zur Briefwahl wissen musst!
Briefwahl macht es möglich: Auch, wenn man nicht in Deutschland ist, kann man wählen. Das gilt übrigens auch dann, wenn man sich innerhalb Deutschlands gerade nicht dort aufhält, wo man gemeldet ist.
Doch wer ist überhaupt für Briefwahl, oder noch allgemeiner für die Wahl zugelassen?
Ein Exkurs zum Wahlrecht
Allgemein sind alle Deutschen, die zum Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, wahlberechtigt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Wer ist denn überhaupt Deutscher? Und wer wird ausgeschlossen?
Deutscher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
– StAG §1
Wahlberechtigt für die Bundestagswahlen in Deutschland ist also, wer eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und am Wahltag zumindest den 18. Geburtstag hat oder älter ist.
Weiterhin ist eine Bedingung, dass man in den vergangenen 25 Jahren zumindest drei Monate am Stück in Deutschland gelebt haben muss.
Verbesserungsbedarf für eine echte Demokratie
Beides sind sehr kontroverse Themen.
Dass Menschen in Betreuung kein Wahlrecht haben, ist meiner Meinung nach weder verfassungskonform, noch mit Menschenrechten zu vereinbaren, sprengt aber das eigentliche Thema dieses Beitrags. Nur so viel sei gesagt: Auch Menschen mit Betreuung haben eine Meinung, die zählt, und sind der Gesetzesgebung in Deutschland ausgesetzt wie alle anderen auch. Deshalb ist es meiner Auffassung nach nicht im Sinne der Demokratie, dass sie noch kein Wahlrecht haben.
In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, inwiefern Kinder mehr Mitspracherecht bekommen sollten. Immerhin sind sie diejenigen, die die heute beschlossenen Gesetze am längsten (er-)tragen müssen. Gleichwohl bedarf es eines bestimmten Entwicklungsstandes, um die Reichweite von Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene verstehen zu können. Eine ausgewogenere Verteilung der Parlamentsmitglieder nach Alter wäre aber zumindest ein erster Schritt.
Insofern ist auch die Briefwahl eine notwendige Erweiterung des Wahlrechts, denn nur weil man am Wahltag gerade nicht zugegen ist, sollte man nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sein. Und das ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit. In Israel gibt es Briefwahl nur für öffentliche Amtsinhaber im Ausland. Am Wahltag selbst müssen also alle zu ihrem Wahlbezirk reisen, um wählen zu können. Ein unnötiges Erschwernis, was die Motivation zu wählen anbelangt, wenn man mich fragt. Im Kontext ergibt das jedoch durchaus Sinn.
In den USA wohnten 2016 beispielsweise 7,16 Millionen Juden, die nach israelischem Recht Anspruch auf eine israelische Staatsbürgerschaft haben. Hätten sie ebenfalls Wahlrecht, ergäbe das bei 8,72 Millionen Einwohnern in Israel ein unverhältnismäßig großes Ungleichgewicht. Um gut durchdachte Entscheidungen treffen zu können, bedarf es Recherche und Auseinandersetzung mit relevanten Sachverhalten. Ich habe aber weder noch, wenn ich noch nie in einem Land gelebt habe, für welches ich Wahlrecht besitze. Aus selbigen Grund halte ich die 25-Jahr-Regelung in Deutschland für ebenso gerechtfertigt, wie die, dass man als Auslandsdeutscher nicht an Kommunalwahlen teilnehmen darf.
Gründe für die Briefwahl
Es gibt mehr als einen Grund, weshalb es sinnvoll ist, Briefwahl zu beantragen. Das kann alles sein, was eine wahlberechtigte Person davon abhält, am Wahltag an der Urnenwahl teilzunehmen, beispielsweise:
- Umzug nahe dem Wahltermin
- Verhinderung durch Termine am Wahltag selbst
- vorübergehender oder längerer Aufenthalt anderswo, sei es im Inland oder Ausland, privat oder beruflich
- gesundheitliche Beeinträchtigungen
- Bequemlichkeit
Da man keinen Grund angeben muss, warum man Briefwahl beantragt, braucht man sich für keinen erdenklichen Grund zu schämen. Es wird nicht einmal nachgefragt. Falls also der einzige Grund für dich, nicht wählen zu gehen, deine Bequemlichkeit ist: Beantrage die Briefwahl, dann geht es auch von zu Hause aus und dein sonntägliche Ruhe wird nicht gestört. Hauptsache, du wählst!
Zur Briefwahl anmelden
Ist man also wahlberechtigt und schafft es nicht, im zugeordneten Wahlbezirk zur Urnenwahl zu gehen, welche Gründe das auch immer hat, kann man Briefwahl beantragen. Dazu muss man zunächst einmal eine Wahlbenachrichtigung bekommen.
Da ich selbst wusste, dass ich heuer mehrere Monate am Stück nicht in Deutschland sein würde und sich dieser Zeitraum wohl mit dem Versenden der Wahlbenachrichtigungen überschneidet, habe ich vorher beim Bürgeramt nachgefragt. Das lief alles sehr simpel und unkompliziert. Man muss theoretisch nicht einmal selbst erscheinen, sondern kann sich einfach telefonisch oder via eMail an die entsprechende Abteilung wenden. Dort wird man dann über das weitere Vorgehen aufgeklärt.
Wenn man bereits eine Wahlbenachrichtigung bekommen hat, befindet sich meist auf der Rückseite oder beiliegend der Antrag für Briefwahl. Aber auch der Antrag lässt sich in vielen Wahlkreisen bereits digital ausfüllen und via eMail versenden. In jedem Fall ist es dabei wichtig, eine Adresse anzugeben, bei welcher man sich sicher sein kann, dass die Unterlagen dort auch ankommen, denn sie werden nur einmalig versandt.
Augen auf beim Ausfüllen
Sind die Unterlagen dann da, sind die übrigen Formalitäten ein Leichtes, zumal eine Anleitung beiliegt und alles gut beschriftet ist. Für die Briefwahl sollten folgende vier Dinge enthalten sein (auf Vollständigkeit überprüfen):
- ein Stimmzettel
- ein blauer Umschlag
- ein Wahlschein
- ein roter Umschlag
Sind beide Kreuze gesetzt, eins für das Direktmandat (personengebunden) und eins für eine Partei (zur repräsentativen Wiedergabe des Wählerwillens im Parlament), packt man den Stimmzettel in den blauen Umschlag und klebt ihn zu. Dieser wird später ungeöffnet in die Wahlurne gegeben.
Anschließend braucht es nur noch die eigene Unterschrift auf der Versicherung an Eides Statt zur Briefwahl. Wichtig: Datum nicht vergessen! Die beiden dürfen auf keinen Fall fehlen, weil die Stimme sonst ungültig ist.
Nun kommen der unterschriebene Wahlschein sowie der blaue Umschlag gemeinsam in den roten Umschlag. Auf diesem steht bereits die richtige Adresse. Falls man den Brief aus dem Ausland sendet, sollte man noch “GERMANY” hinzufügen.
Das Porto übernimmt die Deutsche Post, solang man es innerhalb Deutschlands versendet. Vom Ausland aus zahlt der Wähler. Brief (ggf. frankiert) in den Briefkasten und fertig!
Nachteile bei der Briefwahl
So einfach wie Briefwahl ist, kommt natürlich die Frage auf, wieso wir nicht einfach alle per Post wählen. Es ist naheliegend, dass auch Briefwahl ihre Nachteile hat. Mir fallen spontan drei ein:
- Im Gegensatz zur Urnenwahl, wo man nur einen Termin einhalten muss – an besagtem Sonntag vor Schließung des Wahllokals ankommen und wählen, muss bei der Briefwahl einiges mehr richtig laufen, damit die Stimme auch rechtzeitig ankommt. Denn die Wahlunterlagen müssen rechtzeitig beantrag werden (spätestens drei Wochen vor Wahl), erst zum Wähler und anschließend die Stimme zum Wahllokal. Dabei verlässt man sich darauf, dass die Abläufe bei den postalischen Unternehmen reibungslos funktionieren. Je mehr Glieder in der Kette, desto mehr kann theoretisch auch schiefgehen. Deshalb ist es essentiell, die Unterlagen rechtzeitig zu beantragen und abzuschicken. Je früher, desto besser. Nach Israel hat der Versand der Wahlunterlagen etwa zwei Wochen gedauert. Fakt ist: Geht der Wahlbrief nicht vor dem Wahlsonntag, 18:00 ein, ist er ungültig.
- Auf dem Weg zur Urne wird der auffällige rote Umschlag potentiell von sehr vielen Menschen angefasst. Hier besteht ein gewisses Manipulationsrisiko, dass sich jedoch auch bei der Urnenwahl nicht komplett ausschließen lässt. Letztlich vertraut man immer noch den Wahlhelfern und der Auszählsoftware. Beide sind nur bedingt fehlerfrei. Man kann den roten Umschlag allerdings noch einmal in einen unauffälligeren verpacken.
- Während man bei der Urnenwahl sicher sein kann, dass die eigene Stimme am Ende in der Urne ist, da man sie selbst einwirft, hat man bei der Briefwahl bisher keinerlei Rückmeldung, ob der rote Umschlag denn angekommen ist. Das ist eine Funktion, die ich mir noch wünschen würde. Freilich kann man an sich nichts daran ändern, wenn der Brief nicht oder verspätet ankommt. Aber es wenigsten zu wissen, täte gut.
Mein persönliches Fazit
Nach mehreren genutzten Briefwahlen bin ich doch äußerst froh, dass es die Möglichkeit dazu gibt. Denn, auch wenn ich mich gerade nicht in Deutschland aufhalte, möchte ich mitentscheiden, wohin der politische Diskurs in den nächsten Jahren geht. Freilich wurmen mich die bestehenden Nachteile. Aber nur für die Wahl nach Deutschland zu fliegen, wäre auch keine Option. Deshalb nehme ich Briefwahl als Möglichkeit dankend an und empfehle es gern weiter!
Hast du noch Fragen zur Briefwahl? Was hälst du davon? Wie sind deine Erfahrungen damit? Schreib es in die Kommentare!
Alles Liebe,
Philipp