Quote gehört wohl zu jenen durchweg negativ behafteten Wörtern im deutschen Sprachgebrauch. Schade, meine ich. Denn, obwohl mir die Schattenseiten durchaus bewusst sind, lässt sich auch dieses Prinzip wohlbringend nutzen, um den eigenen Zielen näher zu kommen.

Etablierte Quoten

Vermutlich kennst du das Wort Quote vor allem aus zwei Bereichen: Dem Fernsehen (falls du überhaupt noch weißt, was das ist) und politischen Bemühungen um Parität. In beiden Fällen errechnet sie sich aus dem Quotienten (daher auch der Name) von Teilmenge und Gesamtmenge einer Einheit.

Im Fernsehen geht es vordergründig um die Einschaltquote, also einer Angabe, wie viele Menschen ein Programm verfolgen. Dazu wird in ausgewählten Testhaushalten aufgezeichnet, wann was für wie lang konsumiert wird, um darauf basierend Hochrechnungen für das gesamte Land anzustellen. Anhand dieser wissen Fernsehsender, welche Programme gut laufen und welche weniger, und treffen entsprechende Entscheidungen, was weitergeführt, abgesetzt und neu produziert wird. Außerdem richten sich danach auch die Preise für Fernsehwerbung: Natürlich ist eine Werbeslot umso teurer, je mehr Menschen ihn sehen.

Im Fall von Parität wird eine Quote verwendet, um eine annähernde Gleichverteilung zu erreichen. Ein momentan sehr präsentes Beispiel ist die sogenannte Frauenquote. Sie soll gewährleisten, dass in Unternehmen und politischen Instanzen ebenso viele Frauen wie Männer eingestellt werden, um mehr Gleichberechtigung und eine gerechtere und realere Repräsentation zu gewährleisten. Im Prinzip sollte dafür keine Quote nötig sein, aber leider ist noch niemand auf eine praktikablere Idee gekommen, wie man der historisch gewachsenen Benachteiligung von Minderheiten entgegenwirken kann.

Grob zusammengefasst dienen Quoten also vor allem zwei Zwecken: Dem Erreichen von Zielen (z.B. dem Anheben des Frauenanteils in Führungspositionen auf 50%) und dem Ablesen von Durchschnittswerten, um zu ermitteln, wo man sich auf dem Weg zu diesem Ziel gerade befindet. Dementsprechend habe ich mich gefragt, inwiefern sich Quoten nutzen lassen, um meinen Zielen näher zu kommen. (Um der Ehrlichkeit Willen sei gesagt, dass ich dieses Prinzip intuitiv angewandt und erst im Anschluss erkannt habe, dass ich im Grunde von Quoten Gebrauch mache.)

Quoten für die eigenen Zwecke nutzen

So funktioniert es:

  1. Wähle ein Ziel, das du erreichen möchtest, S.M.A.R.T.
  2. Lege eine täglich durchführbare Maßnahme fest, die dich dem Ziel näher bringt.
  3. Dokumentiere täglich, ob du die Maßnahme durchgeführt hast oder nicht.
  4. Reflektiere regelmäßig deine Dokumentation und die Gründe, die zum Ge- oder Misslingen beigetragen haben.
  5. Passe deine Maßnahme entsprechend deiner Erkenntnisse an.

Am nachhaltigsten funktioniert diese Methode für Gewohnheiten, wie ich kurz am Beispiel Sport zeigen möchte. Es ist mir ein Anliegen, Sport in meinen Alltag zu integrieren, weil es nicht nur einen wohltuenden Ausgleich zur Arbeit in einem Büro, sondern neben Hygiene für Körper und Geist, ausreichend Schlaf und ausgewogener Ernährung einen Hauptpfeiler der eigenen Gesundheit darstellt – zumindest für jene Bereiche, auf die ich Einfluss nehmen kann. Damit das Ziel S.M.A.R.T. wird, formuliere ich es wie folgt:

Spezifisch: Was zählt als Sport? Wann gilt die Bedingung “Sport gemacht” als erfüllt? (Wenn ich eine Liegestütze mache, ist fraglich, inwiefern ich dies als “Sport gemacht” verbuchen kann.)

Messbar: Wie kann ich erfassen, wie nah ich einem Ziel gekommen bin? (Das lässt sich mit konkreten Zahlen oder Skalen am besten realisieren. Ein Marathon umfasst 42,2km. Wie viele Kilometer schaffe ich?)

Attraktiv: Wie gestalte ich das Ziel so, dass es für mich relevant wird? (Wenn ich eigentlich einfach nur einen muskulösen Körper anstrebe, ist das Ziel, mit verbunden Augen zehn Meter über einen Balken balancieren zu können, irrelevant.)

Realistisch: Kann ich das Ziel überhaupt erreichen? (Wenn ich nicht mal einen Kilometer am Stück joggen kann, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass ich nach einer Woche Training einen Marathon absolvieren werde.)

Terminiert: Wann ist das Ziel erreicht? (Jedes Projekt bedarf eines Projektendes. Dies könnte eintreten, sobald ich 42,2km am Stück schaffe.)

Fortan bedarf es nur noch einer gewissenhaften Dokumentation und regelmäßiger Reflexion. Beispielsweise schaue ich am Ende einer Woche, wie es in der vergangenen Woche mit dem Sport lief. Wenn es nicht gut lief, mache ich Gründe dafür aus und versuche entgegenzusteuern. Im Gegensatz zu einmalig erreichbaren Zielen (z.B. “Ich möchte eine Million Euro ansparen.”), erfordern Gewohnheiten, regelmäßig kalibriert zu werden. Ebenso langsam, wie sie etabliert, können sie unbemerkt schrittweise vernachlässigt werden. Manchmal stelle ich hingegen auch fest, dass mir eine Quote womöglich gar nicht mehr wichtig ist und lasse sie fortan weg.

Anwendungsbereiche für Quoten

Für welche Ziele oder angestrebten Routinen du Quoten letztlich nutzt, bleibt natürlich dir selbst überlassen. Ich persönlich nutze sie für eine Vielzahl von Aspekten in meinem Alltag. So dokumentiere ich seit einigen Monaten täglich, ob ich…

… mindestens 7,5 Stunden geschlafen habe.

… 3,5 Liter Flüssigkeit zu mir genommen habe.

… meine bevorzugte Ernährung (vegetarisch, ohne Zugabe von raffiniertem Zucker alias Süßkram, alkoholfrei) durchgezogen habe.

… Sport (in Form von Ausdauerlauf, Kraft- oder Dehnübungen) getrieben habe.

… aktiv etwas für meine Lernziele getan, also Hebräisch gepaukt, Theorie für Filmhandwerk vertieft oder, ganz neu, Stricken praktiziert habe.

… mein Muskelgedächtnis trainiert habe, entweder in Form von Instrumentalmusik oder Kartentricks.

… Kultur konsumiert habe.

Nun weist Kultur ein solch breites Spektrum auf und betrifft so viele von Menschen geprägte Bereiche, dass ich mir für dieses Jahr sehr konkrete Ziele gesteckt habe, wie ich mich kulturell weiterbilden möchte. Wie von mir gewohnt, sind diese in Summe natürlich etwas ambitioniert. Aber wo läge der Reiz, wenn ich schon von vornherein wüsste, dass ich es problemlos schaffe? Ich möchte über mich hinauswachsen und deshalb:

  • 30 Bücher lesen (ggf. auch bereits gelesene)
  • 60 Filme sehen (ggf. auch bereits gesehene Filme, aber keinen Film doppelt im selben Jahr)
  • 10 Serienstaffeln schauen
  • 4 Konzerte besuchen
  • 4 Museen erkunden (hier nur vier aus all denen, die mich reizen, auszuwählen, wird eine Herausforderung, aber realistisch schaffe ich nicht mehr)
  • 4 Theateraufführungen (Schauspiel, Musical, Tanztheater, …) erleben
  • 4 mir bisher unbekannte Regionen entdecken (Das wird interessant und schwierig zugleich, denn ich kehre doch auch so gern an Orte zurück und habe nur begrenzt Zeit, weshalb es heuer womöglich auch ein paar Kurztrips geben wird.)
  • 15 neue Rezepte probieren (Denn im Alltag bereite ich oft wiederkehrend dieselben Gerichte zu.)
  • 365 neue Vokabeln in Hebräisch (Quasi ja nur ein Wort pro Tag, aber in Summe doch recht beachtlich im Vergleich zu der Zahl Null.)
  • 12 Mal feiern gehen (Ja, auch Partys sind eine Kultur für sich und entgegen dem Drang, mich aus Gemütlichkeit zu Hause einzukuscheln, genieße ich eine gelegentliche Party doch recht intensiv – vom Effekt der Bewegungstherapie beim Tanzen ganz zu schweigen.)

Wann Quoten fehl am Platz sind

Wofür Quoten geeignet sind, habe ich ja bereits zu Beginn erörtert. Doch haben sie ihren schlechten Ruf auch nicht grundlos. Beim Fernsehen kommen beispielsweise berechtigte Zweifel auf, ob Quoten das einzige Qualitätsmerkmal sein sollten. So stehen beispielsweise künstlerischer Wert und Beliebtheit in keinerlei Korrelation. Wenn es also allein nach der Einschaltquote ginge, könnten zur Diversität beitragende Programme ggf. gar nicht mehr gezeigt werden. Gleichermaßen wird an der Frauenquote kritisiert, dass sie zwar das Ergebnis verändere, das Problem jedoch nicht an der Wurzel angehe. Wenn vom Quotenschwulen die Rede ist, wird damit abfällig indiziert, dass ein Charakter nur deshalb als homosexuell dargestellt wird, um einen Film als diverser zu vermarkten, als er eigentlich ist, weil der Charakter keine tragende Rolle spielt und deshalb auch beliebig ausgetauscht werden könnte.

Die gemeinsame Problematik sehe ich hier im alleinigen Fokus auf Quantität statt Qualität. Bei der Einschaltquote wird zunächst ignoriert, welchen Anspruch bestimmte Formate haben und wie verschieden sie untereinander sind. Stattdessen wird lediglich darauf geachtet, wie viele Menschen es erreicht. Entsprechend bedarf es hier auch eines oder mehrerer qualitativer Kriterien. Bei menschlichen Quoten, wird lediglich darauf geachtet, dass eine numerische Vorgabe erfüllt wird, aber die Bedingungen für die Menschen selbst werden nicht verändert. Letztlich ist jede Quote nur ein Modell, das sich flexibel an sich wechselnde Umstände anpassen sollte. In Hinblick auf die Frauenquote stellt sich seit Einführung des dritten Geschlechts in Deutschland die Frage, ob es fortan auch eine Diversenquote geben wird. In jedem Fall sollten Quoten für Menschen arbeiten, nicht umgekehrt.

Natürlich hat meine Kulturquote, wie ich sie gern nenne, ebenfalls Grenzen. Ein Buch ist ein Buch, aber Inhalt, literarische Qualität und Seitenzahl können erheblich variieren. Ich werde mir sicherlich keine Pop-Charts-Party geben, nur um meine Quote zu erfüllen. Aber ich werde womöglich Veranstaltungen eine Chance geben, die ich gewöhnlich allein aufgrund der Musikrichtung oder des Klientels meiden würde.

Vor ein paar Wochen hat mich ein Freund gefragt, ob ich es nicht frustrierend fände, die Ziele meiner Challenges nie zur vollen Zufriedenheit zu erreichen und warum ich mir das antue. Meine Antwort: Weil ich Neues probieren und meinen Horizont erweitern möchte. Das wird mir nicht gelingen, wenn ich innerhalb meiner Komfortzone bleibe oder mich nie strecken muss, um an das Ziel zu gelangen. Deshalb wähle ich auch gern überambitionierte Ziele. Wenn ich höher ziele, treffe ich auch höher, als wenn ich von vornherein nur anpeile, von dem ich mir sicher bin, das es klappt. Ich will mich ins Zeug legen. Dafür nutze ich Quoten als Werkzeug.

Wie stehst du zu Quoten und wo nutzt du sie, um deine Ziele zu erreichen? Teile es gern mit uns in den Kommentaren.

Alles Liebe
Philipp