Nach einer riesigen Mütze Schlaf erwartete mich im Erdgeschoss des Bed & Breakfast ein noch riesigeres Frühstück – dabei war ich der einzige Gast. Das war dann wohl alles für mich. Bewusst konzentrierte ich mich auf die offenen Produkte, denn die verschlossenen könnten eher wiederverwendet werden. #lebensmittelretten. So startete ich gut gestärkt (vielleicht sogar zu gut) in den Tag und zumindest der Anfang gestaltete sich sehr zu meiner Zufriedenheit. Doch man soll den Tag bekanntermaßen nicht vor dem Abend loben…

Vor einiger Zeit hatte ich einmal gehört, dass der menschliche Körper nach dem Essen einen Großteil des Blutes Richtung Magen lenkt, um die Aktivität dort anzuregen. Das Ergebnis sei ermattende Müdigkeit, auch bekannt als Fress- oder Carb-Koma. Weil dem Gehirn sozusagen Blut und damit Sauerstoff fehlt, soll die Denkleistung nicht so hoch sein. Das würde zumindest erklären, weshalb ich meine Spritzschürze nicht besser verstaut hatte. An der Elbe angekommen bemerkte ich nämlich derer Abwesenheit und musste noch einmal fast bis zu meiner vorherigen Unterkunft zurücklaufen, wo sie zum Glück noch auf der Straße lag.

Direkt am Ortsausgang von Ústí nad Labem verabschiedete mich die recht auffällige Marienbrücke (siehe Titelbild). Bei Eröffnung im Jahr 1998 war die Schrägseilbrücke laut meiner Kilometrierungsquelle von faltboot.org mit umgerechnet circa 30 Millionen Euro das teuerste Verkehrsbauwerk Tschechiens. Nach Ústí nad Labem folgen zunächst immer wieder Industriegelände am Flussufer. Daran erfreute ich mich natürlich weniger.

Kombiniert mit dem Wetter, leicht nebelig und von einer flächigen grauen Wolkendecke dominiert, ergab das ein tristes Grau in Grau. Einige Male regnete es auch, sodass ich dann doch noch häufiger von meinem Regenponcho Gebrauch machen konnte. Nach dem letzten Wehr der Elbe auf meiner Strecke ward die Strömung jedoch gleich deutlich schneller. Das half ungemein dabei, schnell Meter zu machen.

Foto Děčín
Děčín

Ehe ich mich versah, erreichte ich auch schon in Děčín, wo ich meine erste Pause einlegte. Besonders gefielt mir dabei der Blick auf das dem Schloss gegenüberliegende Château. Wer würde darin nicht gern leben und täglich den Blick auf das Schloss umrahmt vom Böhmischen Hochland genießen?

Foto Herbstlicher Elbsandstein
Herbstlicher Elbsandstein

Nicht weniger pittoresk setzte sich meine Reise fort. Nach Děčín begannen die Berge des Elbsandsteingebirges zwischen farbenprächtig gekleideten Laubbäumen emporzusteigen. Natürlich zieht diese Traumlandschaft auch viel Tourismus an, was sich direkt in den steigenden Preisen widerspiegelt. Ungünstiger Weise verreiste ich außerdem während der Herbstferien, sodass auf der sächsischen Seite in Schmilka keine Unterkunft mehr zu bekommen war. Also blieb mir nur, in Hřensko, direkt vor der tschechisch-deutschen Grenze, zu nächtigen.

Außerdem befindet sich kurz nach Flusskilometer 732 die erste Auto-Gierfähre. Hier ist immer Vorsicht angebracht!

Foto Elbfähre
Elbfähre

Das Gute an Gierseilfähren: Sie benötigen keinen Treibstoff. Stattdessen verfügen sie über ein langes, im Fluss verankertes Seil. Je nach Stellung der Fähre hin zur Strömung kann die Fähre so den Fluss ganz ohne Treibstoffverbrauch passieren. Toll! Für Menschen im Kajak stellen sie allerdings auch eine Gefahr dar. Gewöhnlich befindet sich das Seil unter Wasser, es kann aber auch durch das Manöver der Fähre oberhalb der Wasseroberfläche gelangen und dadurch zum tödlichen Kentern eines Kajaks führen!

!!! Achtung: Gierseilfähren !!!

Bei Gierseilfähren ist wichtig, im Blick zu behalten, auf welcher Seite das Seil verankert und wo die Ruheseite der Fähre ist.

Für gewöhnlich geben Schilder vor der Fähre an, auf welcher Seite sich die Ruheseite der Fähre befindet, nämlich die Uferseite, auf der sich das Schild befindet. Auf dieser Seite bleibt die Fähre außerhalb der Betriebszeiten oder während sie auf Passagiere wartet. Andernfalls wäre der Fluss nicht passierbar, wenn das Seil quer darüber gespannt ist.

Entsprechend muss man mit dem Kajak auf die gegenüberliegende Flussseite wechseln, um sicher passieren zu können, während die Gierseilfähre sich auf der Ruheseite befindet. Andernfalls muss man warten.

Kurz vor Ankunft in Hřensko ließ die Strömung dann doch deutlich nach. Aber ich passierte hier noch die Kilometergrenze der Elbe. Hintergrund ist, dass die Elbe in Tschechien anders kilometriert wird (nämlich flussaufwärts) als in Deutschland (flussabwärts). Entsprechend zählt Tschechien die Flußkilometer von der Quelle bis zur Elbmündung in Cuxhaven herab. Deutschland hingegen zählt aufwärts von der Mündung des Gelobtbaches, welcher an der deutsch-tschechischen Grenze liegt, bis zur Außenelbe, weshalb sich der letzte Marker sozusagen in der Nordsee befindet.

Foto Kilometergrenze der Elbe
Kilometergrenze der Elbe

Die Unterkunft für die Nacht befand sich leider direkt an der Straße, aber zugegebener Maßen gibt es zwischen Elbe und böhmischer Schweiz auf der rechten Flussseite auch nicht mehr Platz. Zu allem Übel flog dann noch die Sicherung raus, als ich gerade Kartoffelbrei zubereitete (glücklicher Weise auf einem Gasherd). Zusammen mit Brot ergab das ein simples, aber sättigendes Abendessen.

Vor dem Schlafengehen stattete ich dem lokalen Duty Free Shop noch einen Besuch ab. Auch hier wurde meine Meinung zu solchen Geschäften mal wieder bestätigt: Für Menschen, die in Deutschland leben, lohnt sich ein Einkauf nicht, weil die Preise in Deutschland trotz hoher Steuern wesentlich günstiger sind. Außerdem bemühte ich mich noch um einen Schlafplatz für den nächsten Tag, fand aber nichts und ward schließlich von meiner Müdigkeit übernächtigt.

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Mit dem Kajak von Prag nach Dresden.