Welche Gedanken kommen dir spontan, wenn du an das Wort Reise denkst? An das Schnüren von Wanderschuhen und dem Aufsatteln eines Rucksacks? An das Aufsitzen auf ein Pferd, welches dich durch grün gesäumte Landschaften trägt? An ein Segelschiff, das seine Bahnen über die Meere zieht? An einen Zug, bereit zur Abfahrt Rauch am Gleis verströmend? Oder gar an ein Flugzeug auf dem Weg zu den entlegensten Stränden dieser Welt?

So oder so erzählt die Antwort nicht nur eine Menge über dich, sondern über uns als Menschentum. Was Technik damit zu tun hat, erfährst du im Folgenden.
 Machen wir uns nichts vor; Reisen ist längst nicht mehr so romantisch, wie es uns gern verkauft wird. Kaum einer wandert noch direkt von der Haustür zu welchem Ziel auch immer zu Fuß wie Christof. Noch seltener sind Maultiere auf Reisen, so wie Sarah es handhabt. Meine geliebten Züge sind längst nicht mehr so stilecht, wie sie das einst waren. Was also wird uns mit diesen Bildern verkauft, die mir stets in Kopf kommen? Zunächst klingt es nach Nostalgie – und zwar eine unerreichte, wenn man von den Sonderfahrten der wenigen Eisenbahnklubs oder teuren Remakes absieht.

Irgendwie wirkt es auch falsch – unpassend – in der verkehrten Zeit. Und das sage ich als jemand mit Vorliebe zur Mode der ersten Hälfte des letzten Jahrhunders.

Es ist ja auch nicht alles schlecht. Wir leben in Zeiten, in denen alles immer schneller gehen soll. Effizienz nennen wir das. Um diese zu erreichen, bedienen wir uns der neusten Technologien. Mit etlichen Effekten:

Schneller, höher, weiter

Hochgeschwindigkeitszüge und Düsenflugzeuge machen es möglich: In kürzester Zeit von A über B nach C – an die entferntesten Orte. Natürlich genieße es das. Ich finde es großartig, nicht nach Israel laufen oder zwei Tage in der Kutsche sitzen zu müssen, um Familie und Freunde am anderen Ende Deutschlands zu besuchen.

Selbstverständlich ist das nicht ausschließlich positiv. Genau genommen macht es meine anderen Bemühungen, meinen ökologischen Fußabdruck zu verringern, so ziemlich zu Nichte. Deshalb versuche ich, möglichst nicht zu fliegen. Jeder so, wie er kann. Doch ein bitterer Nachgeschmack bleibt.

Dafür haben sich durch neue Entwicklungen auch im Reisen neue Möglichkeiten und damit verbunden neue Reisetypen ergeben, beispielsweise den Jetsetter. Zugreisen empfinde ich nach wie vor angenehm, weil ich einfach das Gefühl und die Aussicht genieße, wenn ich durch das Land gleite. Rauch brauche ich dafür nicht. Und ein wenig ist es auch wie in diesem Werbespot. Es wird immer Menschen geben, die behaupten, mit den neuen Entwicklungen würde alles besser, wie es genau so Menschen geben wird, die daran festhalten, dass das Vergangene besser war. Fakt ist: Unverändert wird es nicht bleiben, denn alles ist im Fluss. Und wer weiß? Vielleicht gibt es eines Tages die Möglichkeit, mittels Teleport zu reisen.

Spätestens hier stellt sich mir die Frage: Wie tief reise ich? Eben diese Art des Reisens ist meines Erachtens nämlich unweigerlich mit langsamem Reisen verbunden. Wie weit kann ich also während einer Reise eintauchen, da ich binnen weniger Stunden mehrere Tausend Kilometer Strecke zurückgelegt habe? Wann verarbeite ich das Erlebte, wenn ich quasi mittels Fingerschnippen zurück in Deutschland bin und jeglicher Übergang fehlt?

Möglicher Weise werden Reisen ins All, auf den Mond oder andere Planeten der neue Standard. Dabei ist es kaum möglich, unseren eigenen Planeten komplett zu erkunden. Und ich denke mir: Ich muss ja auch nicht überall hin. Selbst, wenn ich jedes Land der Welt bereiste, wäre es nicht die selbe wertvolle Erfahrung für mich, weniger Orte besser kennenzulernen. Von den Menschen vor Ort ganz zu schweigen. Damit drängt sich mir der nachfolgende Punkt nahezu automatisch auf:

Ortsunabhängige Verfügbarkeit

Der Traum eines jeden Nomaden schlechthin! Oder?

Freilich ermöglicht es zunächst einmal, an vielen Orten dieser Welt arbeiten zu können. Genau da sehe ich auch schon das erste Problem, denn das beinhaltet auch, jederorts erreichbar zu sien. Das gilt sogar häufig für Nicht-Nomaden im Ausland. Sei es, weil der Chef ja jederzeit im Urlaub wegen es äußerst Dringlichem anrufen könnte, oder, um mit den Liebsten im Kontakt zu bleiben.

Besonders Letzteres ist eine prima Angelegenheit. Ich selbst bin begeisterter Nutzer von Telekommunikation. Gleichermaßen bin ich mir bewusst, wie limitiert sie tatsächlich ist.

Kurznachrichten lassen kaum Ironie oder Gefühle zu. eMails können wunderbar Dinge umschreiben, bringen jedoch stets auch eine Verzögerung mit sich, die einander auf Antwort warten lässt. Videotelefonie kommt bis dato am nächsten an ein echtes Gespräch heran, allerdings ist es nicht möglich, sich in die Augen zu schauen oder einander zu berühren. Und das gehört doch irgendwie dazu. Von Aussetzern in Bild und Ton mangels Verbindung ganz zu schweigen.

Es geht eben nichts über direkte Kommunikation. Anbei frage ich mich auch hier wieder, wie tief ich wohl in einen Ort eintauchen kann, wenn ich nebenbei auch stets noch mit zig anderen Orten verbunden bin? Inwiefern lasse ich mich auf die hiesigen Menschen ein, während ich mit welchen an einem anderen Ort spreche. Wie sehr lebe ich im Moment, wenn ich gar nicht wirklich wahrnehme, was um mich herum passiert?

Menschen gehen unabhängig davon mit der Zeit – egal wo. Und ich fühle mich auch oft außen vor, weil ich eben nicht den gleichen Messenger wie alle anderen benutze, einfach weil sich alles in mir dagegen sträubt. Immerhin habe ich mittlerweile ein Smartphone – trotz Gegenargumenten. Und das, wo Telefone bald altmodisch werden könnten, ist doch bereits so viel mit einer Uhr möglich.

Bequemlichkeit

Einer der Hauptgründe für Smartphones ist ihre Vielseitigkeit. Es ist schlichtweg unglaublich, was man mit einem Gerät alles tun kann. Theoretisch muss ich nicht einmal aus dem Fenster schauen, um das Wetter zu erfahren. Mein Telefon kann das für mich.

Das klingt zunächst lächerlich, bringt mein Anliegen aber wunderbar auf den Punkt: Wir geben möglichst viel an Maschinen ab. Das beginnt bei schwerer körperlicher Arbeit, hat jedoch längst unseren Alltag eingenommen.

Kommunikation, Navigation, Expedition … All die kleinen Dinge lassen wir Computer oder Handys für uns erledigen und verlernen damit ein wenig, wie es eigentlich geht, mit anderen Menschen zu kommunizieren, sich in ungewohnter Umgebung zurecht zu finden oder auf eigene Faust ein gutes Restaurant zu entdecken.

Social Media sind überhaupt nicht sozial, denn sie schotten von einander ab. Navigationshilfen helfen überhaupt nicht, einen Navigationssinn zu entwickeln. Und wenn ich für jedes Erlebnis eine Empfehlung bekomme, erlebe ich nie den Weg zum Ziel, der doch so wertvoll ist.

So wundert es mich überhaupt nicht, im Hostel an manchen Abenden nur Cyborgs um mich herumsitzen zu haben. Irgendwo gehöre ich ja auch dazu. Und ich weiß, dass es keiner mit böser Absicht tut. Nur von außen betrachtet wirkt es so entfremdend. Etwa nur, weil wir zu bequem sind, unsere Komfortzone einmal zu verlassen?

Auch außerhalb von Reisen

Das sind nur drei Punkte, wie Technologie unsere Reisen verändert. Auch wenn wir nicht auf Reisen sind, kann ich das beobachten. Die Ironie dabei ist, dass wir schon lange über den Punkt hinaus sind, an dem Technologie unsere Leben vereinfacht. Im Gegenteil sogar, verkompliziert sich nun alles.

Weil Maschinen uns die schwere Arbeit abnehmen, sind unsere Körper unterfordert und verfetten. Also begeben wir uns in Fitnessstudios auf Maschinen, um das zu kompensieren. Ziemlich bekloppt eigentlich. Nur, um mal ein Beispiel zu nennen.

Und auch Grund genug, Technologie in meinem Leben klein zu halten.

Wie stehst du zu Technologie? Geek oder analoger Freak? 

Alles Liebe,

Philipp