Eiersuche in Jerusalem

Bekanntermaßen sind die Bewohner Israels nicht alle jüdisch. Entsprechend werden je nach Bevölkerungsgruppe auch muslimische und christliche Feste gefeiert, besonders hier in Jerusalem. Die letzte Woche war ich deshalb etwas in Feierstress, denn zufällig lagen heuer Ostern und Pessach auf dem gleichen Zeitraum. Deshalb gibt es hier zunächst den Osterbericht. Der für Pessach folgt dann nächste Woche, nachdem es vorüber ist.

Palmsonntag

Die Einläutung der Karwoche war hier ein ganz besonderes Erlebnis für mich. Es war eines von diesen Ereignissen, in die man eher zufällig hinein gerät, weil man zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Am Palmsonntag nämlich, dem letzten Sonntag der christlichen Fastenzeit, musste ich mit dem Fahrrad noch einmal quer durch die Stadt fahren. Unterwegs wunderte ich mich bereits darüber, dass in der Innenstadt ganze Straßenzüge von der Polizei abgeriegelt wurden und auch die öffentlichen Verkehrsmittel nicht verkehrten.

An der Altstadt erfuhr ich den Grund: Tausende Menschen hatten sich versammelt. Also war ich gezwungen, vom Fahrrad abzusteigen. Darüber war ich aber auch gar nicht verärgert, denn ein energiegeladener Impuls ging von der Masse aus, die mich sofort in ihren Bann zog. Vom Zentrum der Ansammlung ging ein vitalisierender Trommelrhythmus aus. Und wir sprechen hier von riesigen Trommeln. Dazu spielten Dudelsäcke. Die Klänge halten von den Mauern der Altstadt wieder.

Es handelte sich um einen Umzug palästinensischer Christen, die sich für Palmsonntag in Jerusalem zum Gottesdienst treffen durften. Da das ganze von der schottischen Kirche organisiert wurde, waren die Kapellen traditionell schottisch gekleidet. So zogen dann alle zusammen vom Ölberg zum Gottesdienst in der Altstadt.

Gründonnerstag

Seltsamer Tag, dieser Gründonnerstag, oder? Steht jedes Jahr im Kalender, aber warum eigentlich? Grund ist das Gedenken an Jesus Christus letztes Abendmahl. Das soll übrigens unweit meiner derzeitigen Wohnung an der Stelle der heutigen Dormitio-Abtei (Entschlafungs~) stattgefunden haben. Entsprechend findet dort abends ein Gottesdienst statt, dem ich aber nicht beigewohnt habe. Man hat ja schließlich auch noch andere Dinge zu tun. ;)

Karfreitag

Wohl allgemein hin bekannt, aber der Vollständigkeit doch noch einmal erwähnt: An diesem Tag wird der Kreuzigung Jesu Christi gedacht. Wer nun einen Massenauflauf mit Prozessionen erwartet, liegt vollkommen richtig.

Mir persönlich erscheinen ebensolche befremdlich. Abgesehen davon verstopfen so die ohnehin schon schmalen Gassen der Altstadt. Sehr ärgerlich, wenn man es eh schon eilig hat. Ich möchte auch gar nicht wissen, auf wie vielen Urlaubsvideos ich schon irgendeine Köstlichkeit mampfend und hinter einer Pilgergruppe auf der Stelle tretend aufgezeichnet wurde.

Heuer war jedenfalls relativ wenig los, weil sehr viele Gläubige aufgrund der militärischen Auseinandersetzungen vergangenen Sommers hadern, in das Heilige Land zu reisen. Entsprechend war nicht mehr los, als sonst auch. Und solche Prozessionen gehören hier mit zum Alltag.

Ostersonntag

An diesem Tag feiern Christen die Auferstehung Jesu Christi.

Ganz so traditionsreich war der Ostersonntag bei mir nicht. Doch beginnen wir am Anfang, dem Suchen.

Ich bin etwas vom Glauben abgekommen. Frühs habe ich mich dumm und dusslig gesucht, jede Ecke leergeräumt, aber nichts finden können. Folglich gibt es drei Möglichkeiten.

  1. Der Osterhase existiert gar nicht und ist nur eine Erfindung der Osterindustrie.
  2. Der Osterhase existiert, liefert aber nicht in den Nahen Osten.
  3. Der Osterhase hat es zu schwer für mich versteckt.

Die letzten beiden kann ich ausschließen. Wer es schafft, an einem Morgen alle deutschen Kindern zu beschenken und diese Geschenke auch noch zu verstecken, sollte ja wohl keine Schwierigkeiten haben, auch hier in Israel seine Arbeit zu verrichten.  Da ich wirklich jede Ecke umgekrempelt habe, kann es die dritte Möglichkeit auch nicht sein. Folglich bleibt mir nur noch die erste Möglichkeit: Den Osterhasen gibt es nicht.

 

Foto Osterhase

Osterhase

Zur Kompensation dieser schmerzlichen Einsicht aß ich zum Frühstück erstmal den Schokohasen, den mir meine Familie vor Kurzem mitgebracht hatte. Mangels Osterhase hatte ich keine Ostereier. Und die Nachfrage in meinem Umfeld ist auch nicht groß genug, als dass es sich gelohnt hätte mit roter Zwiebel selbst welche zu färben. Alle Schokoeier hatte ich bereits gegessen, weil ich deren Verpackungen für ein Uniprojekt benötigte. Und einen Osterkranz hatte ich auch nicht gebacken, denn es war ja auch gerade Pessach und damit weizenfreie Zeit.

Eins lies ich mir dann aber nicht nehmen: Meinen Osterspaziergang. Schon länger wollte ich mir den Jerusalemer Wald ansehen. Der kleine Spaziergang dauerte dann doch 6h, aber ich hatte ja keinen Stress. Und er verschaffte mir wesentlich mehr Erholung, als es ein Gottesdienst bei geweihräucherter Luft inmitten eines so bedrückenden Ortes wie der Grabeskirche je hätte tun können.

Ostermontag

Jetzt kann man sich ja eigentlich fragen, warum Ostermontag auch noch Feiertag ist. Schließlich ist ja bereits alles gelaufen: Alle Sünden sind vergeben und Jesus ist von den Toten auferstanden, womit seine Göttlichkeit ein für alle mal außer Frage steht. Oder?

Nicht ganz. Am Ostermontag ist er nämlich erst seinen Jüngern erschienen. Damit ist dann aber gut.

Ich selbst hatte Besuch, da durfte der obligatorische Gang durch die Grabeskirche natürlich nicht fehlen.  Die Mönche waren ruppig wie eh und je. Wahrscheinlich waren sie aber auch etwas gereizt bei so vielen Besuchern, die ja gar nicht mal so viele mehr als sonst waren. Überraschender Weise wurde umgeräumt. Das kommt nicht oft vor, denn es gibt in so ziemlich jeder Angelegenheit Zwietracht zwischen den einzelnen Konfessionen.

Lohnender Weise wurde aber die Orgel der Grabeskirche gespielt. Sie ist quasi mein Lieblingsteil der Grabeskirche. Orgelmusik mag ich ja ohnehin sehr gern, aber dort klingt sie tatsächlich auch schön! Sie ist auch noch recht neu. Erst im vergangenen Jahr wurde sie von einem Wiener Orgelfabrikanten (oder sagt man Orgelmanufaktur?) geliefert. In jedem Fall ein gelungenes Stück!

Das waren heuer meine Ostern – gemischt mit anderem Kulturgut. Wie waren deine? Und was sind deine Ostertraditionen, auf die du dich mehr oder eben weniger freust? In den Kommentaren ist jede Menge Platz dafür!

 

Alles Liebe,

Philipp

4 Kommentare

Antworten

  1. Wenn ich nicht existiere, wer hat Dir dann jedes Jahr ein Ei im Schuh versteckt?
    Und wenn ich es nicht war, woher weiß ich dann davon?
    LG O.

  2. Drolli&Enno

    13/04/2015 — 18:41

    Ostern bei uns?Traditionell wie immer: Eier färben mit Zwiebelschale und Bättern (ist auch nur 1 kaputt gegangen), leider kein Eier suchen,denn auch bei uns hat der Osterhase nichts versteckt :(,kleiner Osterspaziergang mit Eierauswerfen.
    Und außer der Reihe – Urlaubsbilder ansehen,was mal wieder lange nicht so eindrucksvoll rüberkam wie der Urlaub selbst.

    • Ja, der Osterspaziergang ist wichtig! :)

      Wegen der Urlaubsbilder ist das immer so eine Sache: Ich wäge mittlerweile stark ab, ob ich ein Foto schieße, bevor ich es aufnehme. Seitdem alles digital ist, kostet es ja nichts. Entsprechend fotografiert man gern unbegrenzt, anstatt sich genau für bestimmte Motive zu entscheiden, wie früher. Außerdem lerne ich so, Momente stärker aufzusaugen, sozusagen mit meinem Kopf zu fotografieren. :)

      Liebe Grüße,
      Philipp

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