Friede, Freude, fallende Blätter

Gerade sitze ich im Zug nach Dresden. Ich bin erstaunt, noch so viele Blätter an den Bäumen zu sehen. Dabei war das Laubhüttenfest schon vor fast zwei Monaten. Und nun, Ende des Jahres, steht, so könnte man glauben, weltweit ein Feiertagsrausch an. Wie jedes Jahr. Und es könnte so schön sein. Würde da nicht so viel Zwang dahinterstecken.

Der ein oder andere mag schon mitbekommen haben, dass mir Feiertage häufiger schwer im Magen liegen. (Das hat übrigens nichts mit dem Essen zu tun.) Das war nicht immer so. Als Kind liebte ich Feiertage, besonders die Ende Dezember! Damals dachte ich zwar auch schon über viele Dinge nach, aber offensichtlich nicht in solchem gesellschaftlichen Ausmaß. Anderthalb Dekaden später hat sich das geändert. Mittlerweile stinken mir die meisten Feiertage. Hier folgt, wieso.

Gleich vorweg: Ich finde gar nicht alle Feiertage schlecht. Und ich möchte auch niemandem irgendwelche Feiertage wegnehmen. Wohl aber zum Denken anregen, dass es auch anders gehen kann.

Den wohl größten Schaden, was Feiertage anbelangt, habe ich vermutlich in Israel erlitten. Nie zuvor war ich in einem Land gewesen, in welchem es so viele Feiertage gibt. Während ich bei neuen Feiertagen noch neugierig bin, gehe ich mit den hiesigen Feiertagen in Deutschland wesentlich weniger zimperlich um. Aber das kenne ich ja auch schon alles ein Viertel Jahrhundert. Und über 20 Jahre war ich nur in Kontakt mit der christlichen Festtradition, gleichwohl ich unlängst wusste, dass in anderen Religionen auch andere Feiertage gibt. Nun bin ich aber nicht religiös.

Deshalb frage ich mich, wieso eigentlich ausgerechnet die christlichen Feiertage gesetzlich festgelegt sind, sprich: jedem aufgezwungen werden. Die Antwort liegt klar in der Geschichte Deutschlands, aber sind wir darüber nicht längst hinaus? Sind Religion und Staat nicht eigentlich zwei getrennte Dinge in Deutschland? Sagen wir es mal so: Sie sollten es zumindest sein. Davon fehlt momentan aber meiner Beobachtung nach jede Spur.

Fakt ist: Nicht jeder in Deutschland ist Christ. Laut Statistik sind 40% der Einwohner konfessionslos, wie viele von den offiziell eingetragenen Christen eigentlich säkular sind, lässt sich schwierig feststellen, auch wenn sinkende Mitgliederzahlen in den Kirchen für sich sprechen dürften. Weiterhin wird uns Land diverser, auch andere Religionen fühlen sich in Deutschland zu Hause. Wieso feiern wir also nur christliche Feste, aber keine muslimischen, jüdischen oder hinduistischen? Freilich mögen dies Minderheiten sein, aber haben sie deshalb weniger Anrecht darauf, ihre Feiertage als solche zu genießen, wie es die Christen tun?

Eine Lösung, die ich sehe, ist, alle religiösen Feiertage zwar anzuerkennen, aber nicht zwanghaft zu verordnen. Von mir aus sollen alle frei machen, wann sie wollen. Die Anzahl der religiösen Feiertage kann man ja einfach in frei wählbare Urlaubstage überführen. Dann ist auch endlich gleiches Recht für alle.

Und dann ist da noch der logische Aspekt dahinter: Für Feiertage wird immenser Stress auf sich genommen. Das bekomme ich sowohl in Deutschland als auch in Israel mit. Beim Laubhüttenfest baut beispielsweise jeder jüdische Haushalt eine kleine Hütte und dekoriert sie. Für eine Woche werden darin dann alle Mahlzeiten zu sich genommen und Gebete verübt. Manche schlafen sogar darin. Und nach der Woche wird das alles wieder abgebaut und entsorgt. Das erinnert mich doch recht stark an Weihnachtsdekoration und -bäume. Da wundert es mich nicht, dass ich immer wieder lese und höre, wie stressig die Weihnachtszeit doch ist. Warum tut man sich das also an, so als Nicht-Christ? Kann man nicht auch ohne den ganzen Trubel und Dekokram schöne Tage haben?

Ich denke ja wohl. Und deshalb feiere ich heute einfach nur Wintersonnenwende und zwar draußen in der Natur. Das ist für mich ein wahrer Feiertag, denn nach heute werden die Tage endlich wieder länger!

In diesem Sinne, eine frohe Wintersonnenwende euch allen!

Philipp

2 Kommentare

Antworten

  1. Hi Philipp,
    das Laubhüttenfest kannte ich noch gar nicht. Aber du hast Recht es hört sich vom Aufwand genauso an wie bei uns Weihnachten
    Deine Idee alle Religionsfesttage als freie Urlaubstage zu nehmen finde ich toll. Da
    hätte jeder was von und es wird keiner nehr Zwangsverdonnert.

    Ich wünsche dir eine schöne Wintersonnenwende, diesen Tag mag ich übrigens
    auch sehr ? liebe Grüße Aurelia

    • Hallo Aurelia,

      es war toll! Vielen Dank!

      Vielleicht sollten wir eine Petition ins Leben rufen? Was meinst du?

      Lieber Gruß,
      Philipp

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