Wenn eine Jahreszeit ihr Klischee bedient und alles neu und anders macht, dann ist wohl der Frühling. Warum sollte das bei mir anders sein?

OK, zugegebener Maßen ist es mir ziemlich egal, wann ich Änderungen einführe. Meiner Meinung nach ist alles einem stetigen Wandel unterzogen. So auch auf meinem Blog. Deshalb schaffe ich die Unterkategorien in Handverlesen (Analog, Digital, Kulturgut) jetzt auch ab. Die Übergange sind so fließend, besonders in den Feldern, in denen ich mich bewege. Und apropos Kategorien: So richtig eins werde ich mir da ja nicht. Deshalb gibt es jetzt auch Mit dem Herzen und außerdem habe ich auf Anregung (Danke, Maria!) eine Übersicht für Reihen erstellt. Tacheles ist beispielsweise so eine. Die Übersicht werde ich Schritt für Schritt ergänzen.

Eigentlich sollte es heute eine neue Podcastepisode geben, aber leider ist da beim Datentransfer etwas schiefgegangen und es fehlen 50% des Podcasts (mein Gast). Deshalb gibt es dafür heute stattdessen die jüngste Ausgabe von Handverlesen. Und los geht’s!

Das Mittlere Königreich des Goldenen Zahns

Während ich jüngst einige Zeit in Jerusalem verbrachte, stoß ich eher zufällig auf ein noch recht junges Straßentheaterfestival. Ich konnte noch nicht ausmachen, ob es heuer die erste Auflage war oder es weitere geben wird, aber ich war begeistert!

Drei Tage im Mai wurde die Jerusalemer Altstadt zum Mittleren Königreich des Goldenen Zahns, um dem Königspaar mit Festspielen die Ehre zu erweisen und das Volk zu unterhalten. Und welche Stadt könnte sich dafür besser eignen, hat doch die Altstadt noch heute eine (fast) intakte Stadtmauer! Das Ambiente war großartig und die einzelnen Stationen, die in der Altstadt verteilt waren, äußerst unterhaltsam und toll in Szene gesetzt.

Ich bin ein äußerst großer Fan von Straßentheater, insbesondere in Hinblick auf seine Dreidimensionalität! Entsprechend können weder Fotos noch Videos die Atmosphäre in gleichem Umfang wiedergeben. Wenn du dennoch ein paar Einblicke bekomme magst, gibt es hier ein Promovideo. Außerdem habe ich noch ein paar Fotos für dich:

Entwaffnende Worte

Nicht nur Wissen, sondern vor allem Worte können Macht innehaben. Das zeigt sich insbesondere in der deutschen Sprache und ihrer unsinnigen Regelung des Geschlechts: Da gibt es schon drei Geschlechter und trotzdem ist der Standard für viele Bezeichnungen männlich. Und überhaupt: Warum hat man nicht einfach festgelegt, dass alle Gegenstände neutrum sind? “Erste-Welt-Probleme”, könnte man jetzt meinen. Warum es aber tatsächlich eine ernstzunehmende Angelegenheit in jeder Demokratie ist, hat Patricia einmal genauer erklärt.

Und wo wir schon bei Macht der Worte sind: Was für eine Person stellst du dir bei dem Wort Poetry-Slam vor? Hippe, junge, entspannte Persönlichkeiten aus Studierendenkreisen, die sich einmal in Reimform die Seele vom Leib dichten? Dass es auch anders geht und Poetinnen auch senior sein und trotzdem auf gewitzte Art und Weise ernste Themen zum Anklang bringen können, zeigt die grandiose Rita Apel, wenn sie Männern lyrisch gekonnt den Spiegel vorhält:

Mit Essen soll man nicht spielen

“Mir doch egal!”, sagte sich  Jenn Sandercock und kreiert seitdem essbare Brettspiele. Ich war zunächst begeistert, anschließend angewidert von der Idee, denn man stelle sich mal vor: In einem harten, stundenlangen Schachspiel, rinnt der Schweiß nur so von der Stirn und den nervösen Händen und betatschen die Figuren. Und die soll ich dann essen? Außerdem ist das mit einer Revanche dann natürlich nicht so leicht…

Klassische Kultur?

Ich habe mir im Frühling nicht nur den lang gehegten Wunsch erfüllt, mir einmal das Ballett Schwanensee anzuschauen, sondern war auch spontan auf einem Konzert von André Rieu mit seinem Johann-Strauß-Orchester, weil kurzfristig Karten übrig waren. Oder sollte ich eher Show sagen? Mit einem klassischen Konzert hat es nämlich außer der Musik nicht so viel gemein. Unter Einsatz von Kameras war natürlich jedes kleine Detail und jeder Blick gekonnt inszeniert, um den Slapstick-Humor des Orchesters auch ja beim Publikum ankommen zu lassen. Und auch sonst war ziemlich viel etwas drüber. Die musikalische Leistung war freilich gut und vielfältig, wenn auch nicht perfekt. hust die drei Tenöre hust Das nachfolgende Video vermittelt meines Erachtens einen recht guten Eindruck:

Was mir aber tatsächlich aufgestoßen hat, war, wie oft Herr Rieu von den schönen Sopranistinnen in seinem Leben erzählt hat. Womöglich ist das ja auch wie besagter Humor auf das Weltbild der eigentlichen Zielgruppe zugeschnitten. Allerdings hat das meine Mühle ins Laufen gebracht: Man sollte doch meinen, dass Äußerlichkeiten bei musikalisch talentierten Menschen noch weniger eine Rolle spielen, als bei allen anderen auch, oder? Warum ist also überhaupt erwähnenswert, wie hübsch eine Sängerin ist?

Dann habe ich noch eine Ecke weitergedacht: So weit ich mich erinnern kann, habe ich noch nie eine Sängerin gesehen, die ich nicht als hübsch bezeichnet hätte. Das kann verschiedene Gründe haben: Entweder liegt es an meiner Beurteilung von Schönheit oder aber Äußerlichkeiten spielen eine wesentlich größere Rolle, als sie sollten – auch im auditiven Geschäft.


// DIE AUSSICHTEN FÜR SOMMER 2018 //

Im Juni wohne ich endlich mal eine Zeit lang in Leipzig – wenn auch leider nur für einen Monat. Ich mag diese Stadt und war schon oft zu Besuch. Jetzt probiere ich mal, wie gut sie für mich als Basis in Deutschland funktioniert. Den Rest des Sommers gibt es noch eine kleine Deutschlandtour, das Schreiben meiner Masterarbeit und womöglich eine etwas längere Blogpause. Doch dazu später mehr.

Was planst du für den Sommer? Nimmst du ihn nach dem heißen Frühling überhaupt noch als solchen wahr? Oder freust du dich schon richtig auf die heißen, von Mücken geplagten Nächte? ;)

Alles Liebe,

Philipp

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Handverlesen.