Wie findet man den richtigen Zeitpunkt?

Neulich fuhr ich mal wieder Zug. Wie so oft war ich damit beschäftigt Leute zu beobachten. Dieses Mal waren es die Füße eines Fahrgastes, die meine Aufmerksamkeit auf sich zogen.

Oder besser gesagt eigentlich sein Schuhwerk: Er trug ein Paar von diesen Zehenschuhen. Ich interessierte mich schon längere Zeit für welche, weil meine Laufschuhe bereits ausgetreten waren, ich mir beim Laufen stets Blasen holte und ohnehin vorderfüßiger laufen wollte. Nur kam ich noch nie in die Gelegenheit, jemanden zu seiner Erfahrung mit besagten Schuhen zu befragen.

So saß ich da.

Frage ich ihn? Ach, der ist eh gerade in seine Unterlagen vertieft und möchte wohl nicht gestört werden. Aber wann bekomme ich sonst wieder die Gelegenheit dazu? Jetzt oder nie. Ehe er aussteigt. Ach, ich warte noch eine Station ab. O weh… Er hat bestimmt schon bemerkt, dass ich seine Schuhe mustere.

Spontaneität sieht anders aus, möchte ich meinen. Das ging eine ganze Weile so hin und her in meinem Kopf. Aber wo war das Problem? Klar, so häufig befragt man Leute nicht zu ihrem Schuhwerk. Aber allzu ungewöhnlich ist es ja nun auch wieder nicht.

Ich hatte mir letztlich das Herz gefasst, ihn zu fragen. Und das auch keinen Moment zu spät, denn er hat dann beim Aussteigen geantwortet. Und das mitfahrende Sicherheitspersonal hatte scheinbar auch gelauscht und wollte schon länger darüber sprechen, denn das stieg spontan gleich noch mit ins Gespräch ein.

Aus irgend einem Grund war es mir zunächst unangenehm zu fragen, obwohl für mich von vornherein klar war, dass ich mich ärgern würde, es nicht zu tun, und hinterher sowieso glücklich wäre, es getan zu haben.

Eben solche Situationen begegnen uns jeden Tag: Man verspürt den Reiz, etwas zu tun, schiebt es aber aus Angst vor Spott, Zurückweisung oder aus Bequemlichkeit auf. Oder weil man meint, das sei nicht der richtige Zeitpunkt.

Dass auch unangenehme Dinge aufgeschoben werden, ist ja allgemein bekannt. (Stichwort: Aufschieberitis) Sei es das Aufräumen der Wohnung, ein Geständnis gegenüber einem Mitmenschen, Mathehausaufgaben in der Schule oder die Bachelorarbeit, die noch fertiggestellt werden muss. Dabei ist meine Erfahrung, dass ich meist so richtig in Fahrt komme, wenn ich überhaupt erstmal anfange.

 

Also wann genau ist denn nun richtige Zeitpunkt?

Der aufmerksame Leser mag es vielleicht schon ahnen, denn die Antwort ist (man glaubt es kaum) so naheliegend wie genial:

Jetzt!

Wenn dir eine Idee kommt, fang sofort an, an ihr zu arbeiten! Wenn du Hemmungen hast, jemanden etwas zu fragen, tu es schnell, ehe es keine Gelegenheit mehr dazu gibt! Wenn du zögerst, für längere Zeit zu verreisen, weil du es gerade für ungünstig hälst, pack deine Sachen! Ein besserer Zeitpunkt als jetzt wird wahrscheinlich nicht mehr kommen.

Denn im Ernst: Wie oft nimmt man sich Dinge vor und setzt sie auf die Warteliste, wo sie dann auch bleiben? Je länger man mit etwas wartet, desto unwahrscheinlicher wird es, dass man es überhaupt noch macht.

Also ab in die Puschen und los geht’s! Man bereut am Ende nur Dinge, die man nicht getan hat!

6 Kommentare

Antworten

  1. Wer schiebt denn heutzutage Mathehausaufgaben auf?

  2. Wann genau ist denn nun DER richtige Zeitpunkt.Ich weiß schon, mecker, mecker, mecker;) Zumal ich ja selber gern mal was auf die lange Bank schiebe…

    • Man sagt ja immer, Einsicht sei der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung. ;) Aber ich glaube, dass es tatsächlich den meisten Menschen so geht. Dinge JETZT anzupacken, erscheint mir da eine recht simple und zugleich wirkungsvolle Methode.

  3. Sehr passend dazu:
    Bei MDR Figaro (schöner bunter Kultursender) gibt es jede Woche ein Interview mit einem Prominenten oder Macher aus dem Kulturbetrieb. Eine der Frage lautet “Was finden sie schwieriger, Anfangen oder Aufhören?”. Die meisten sagen Aufhören! Wenn man erst mal das Anfangen überwunden hat, macht sogar die Steuererklärung Spaß.

    • Ach, wie schön! Figaro habe ich schon eine Weile nicht gehört. Aber bei meinen Eltern läuft er ab und zu. Und wenn der Jingle für die Nachrichten kommt fühle ich mich immer für einen Augenblick in die Küche der Zwickauer versetzt. ;)

      Ich finde das Aufhören auch schwieriger, als anzufangen. Besonders wenn man während der Arbeit einen stetigen Fortschritt sehen kann, wird die Motivation plötzlich ungebrochen.

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