Jüngst erhielt ich eine Anfrage, einen Vortrag über die Todsünde Gier und in diesem Zusammenhang auch Minimalismus zu halten. Natürlich hätte ich einiges zum Thema beizutragen und halte für mein Leben gern Referate oder stehe anderweitig auf der Bühne. Trotzdem habe ich abgesagt.

Mit Minimalismus als Thema setze ich mich bereits seit über sieben Jahren auseinander. Wie bei so vielen anderen auch, stand auch bei mir zu Beginn das Materielle im Vordergrund:

  • Welcher physische Besitz bereitet in meinem Leben tatsächlich Freude oder Nutzen? Alles andere ist nur Ballast.
  • Wie befreie ich mich von dem (durch mich selbst verursachten) Ballast all des angehäuften Besitzes?
  • Mit wie wenig Dingen kann ich auskommen? (insbesondere bei hohem Reise- und/oder Umzugsaufkommen relevant)

Natürlich lässt sich Minimalismus nicht auf diese Bereiche beschränken, wie man meist später entdeckt, wenn man sich länger mit dem Thema beschäftigt. Fokus auf das Wesentliche lässt sich ebenso auf Beziehungen, Digitales und Verpflichtungen anwenden.

Entsprechend diesem Schema wird Gier auch oft auf physischen Besitz bezogen: Gier nach mehr Geld, Gier nach mehr Eigentum, Gier nach mehr Statussymbolen. Genauso wie sich Minimalismus auf andere Bereiche ausweiten lässt, verhält es sich mit der Gier auch. Denn einmal rückwärts gedacht, offenbart sich die Wurzel all des Ballasts, weshalb es Minimalismus überhaupt braucht: Unsere Gier nach mehr.

Auch, wenn ich dem Vortrag nicht zugesagt habe, hat das Thema weiter in meinem Kopf seine Kreise gezogen. Herausgekommen sind dabei meine drei Bereiche, in denen ich so richtig gierig bin:

  1. Essen
    Wenn ich meiner Großmutter glauben schenken darf, hatte mich schon ihre Mutter als Fresssack bezeichnet. Das hat sich Zeit meines Lebens auch nicht mehr geändert. Hier gilt für mich zwar auch der Grundsatz Qualität über Quantität, aber satt werden möchte ich ja auch. Und glaub mir, ich habe sehr großen Appetit, was sich auch jeden Monat in meinen Finanzen widerspiegelt.
  2. Erfahrungen
    Auf meinem Wunschzettel stehen vorrangig Erlebnisse, die ich in meinem Leben sammeln möchte. Und da das Leben ohnehin schon zu kurz ist und ich nicht absehen kann, wie lang meins sein wird, setze ich mir konkrete Ziele, um möglichst viele Träume in Wünsche und anschließend in die Realität zu überführen.
  3. Aktivitäten
    Das dürfte mit Abstand mein größtes Laster sein. Seit mehr als einem Monat baue ich Überstunden ab und arbeite so wenig wie schon lang nicht mehr. Dennoch wird mir einfach nicht langweilig, weil noch so viel auf meinem Zettel steht, dass ich tun möchte – am liebsten alles jetzt gleich. Da Multitasking aber erwiesener Weise nicht fruchtet und es effektiver ist, eine Sache nach der andere anzugehen, zügle ich mich eben doch.

Der dritte Bereich ist auch der Grund dafür, weshalb ich dem Vortrag nicht zugesagt hatte. Dass ich jetzt Zeit im Überfluss zur Verfügung hätte, konnte ich damals noch nicht absehen. Ein Vortrag bedarf einiges an Vorbereitung, damit er auch wirklich gut ist. Zum damaligen Zeitpunkt kam ich wegen Vollzeit und Überstunden ohnehin schon nicht mit all dem hinterher, was ich alles schaffen wollte. Wo wollte ich da noch Zeit für einen Vortrag abzweigen?

Wenn ich etwas mache, möchte ich auch, dass es gut wird, also lasse ich mich voll und ganz darauf ein. Entweder richtig oder gar nicht. Das mag auf den ersten Blick extrem wirken, ist aber letztlich eine Frage der Priorität. Auch wenn wir nach mehr Zeit gieren, werden wir nicht mehr erhalten. Deshalb halte ich es für ratsam, genau zu überlegen, worin wir unsere Zeit investieren.

Am Ende unseres Lebens, passen keine Besitztümer mit ins Grab. Sehr wohl aber ein Leben voller Erfahrungen und glücklicher Momente. Gier an sich ist nichts Schlechtes. Wir dürfen uns aber durchaus fragen, wonach wir gieren und weshalb wir das eigentlich tun. Wenn es uns dennoch glücklich macht: Gönn dir und hau rein!

Und wonach gierst du?

Alles Liebe
Philipp