Der schmale Grat zwischen Müll und Stand-by-Zeit

Eines meiner zahlreichen Ereignisse diesen Sommer bestand in einer Familienfeier für meine Patenkinder. (Ja Plural. Schwuppdiwupp bin ich zweifacher Pate geworden. <3 ) Wie so oft bei “größeren” Feiern wird dann plötzlich wesentlich mehr Geschirr benötigt, als man im Alltag verwendet. Wie es ausgehen kann, wenn nicht genügend Geschirr zur Verfügung steht, kennt man ja vom Rumpelstilzchen. Doch was macht man mit all dem Geschirr, wenn gerade keine Familienfeier ansteht?

In unserer Wegwerfgesellschaft ist es unlängst Trend geworden, schlichtweg auf Einweggeschirr zurückzugreifen. Praktisch, oder? Denn dessen kann man sich im Anschluss einfach entledigen und braucht sich nicht mehr damit zu plagen. Leider verursacht Einweggeschirr jedoch Unmengen an Müll, sodass sich zukünftige Generationen damit beschäftigen müssen. Inzwischen gibt es auch viele Alternativen aus Palmblättern und Holz statt aus Plastik, aber das muss ja auch stets neu hergestellt werden, wenn man zusätzliches Geschirr benötigt. Dafür zahlt man natürlich auch immer wieder aufs Neue. Insofern halte ich es für eine klüger, die biologisch abbaubare Alternative auf die Anlässe zu beschränken, bei denen Einweggeschirr wirklich unerlässlich ist.

Noch bis zu meiner Elterngeneration war es üblich, ein Geschirrservice inklusive Tafelsilber nur für feierliche Anlässe zu besitzen. Diesen wurden dann ausschließlich an diesen besonderen Tagen verwendet. Dafür steht es dann jedoch zu 99% der Zeit unnütz im Schrank und nimmt kostbaren Platz in der Wohnung in Anspruch. Das kann ich mir mit meiner minimalistischen und nomadischen Veranlagung ehrlich gesagt nicht mehr vorstellen. Denn tatsächlich besitzen wir wesentlich mehr Dinge als nur Geschirr, die einen Großteil ihrer Existenz irgendwo darauf warten, verwendet zu werden, also auf Stand-by stehen. Mein beliebtestes Beispiel: Das Auto. Die meisten davon werden nicht optimal genutzt, sondern stehen die Mehrheit des Tages einfach nur rum und blockieren öffentlichen Raum – oder im Zweifel auch unsere privaten. Was davon ich schlimmer finde, weiß ich noch nicht so recht.

Eine einfache Lösung sehe ich jedoch schon: Mehr gemeinschaftlich zugänglichen Besitz. Dafür waren Anfang des letzten Jahrzehnts Leihläden in aller Munde. Leider hat sich das Konzept nicht so weit ausgebreitet, wie es Potential gehabt hätte.

In Hinblick auf das berühmt berüchtigte Geschirr wagt beispielsweise die Projektgruppe Aktives Harlaching einen neuen Versuch mit ihrem Projekt Tischlein deck dich: Sie sammeln Geschirr, das sonst weggeworfen werden würde und bieten es als kostenlose Leihgabe an, damit zu besonderen Anlässen kein Einweggeschirr benötigt wird. Freilich muss auch dieses Geschirr gelagert werden, weshalb das ehrenamtliche Team momentan händeringend nach einem Lagerraum für all das Geschirr sucht. (Wer sie unterstützen möchte: Sie nehmen an einer Projektförderung von Quartiermeister teil, bei der noch bis einschließlich 31.08.2021 pro Person zwei Stimmen an Projekte vergeben werden können. Es lohnt sich meines Erachtens, beide Stimmen zu vergeben, denn es gibt da einige tolle ehrenamtliche Projekte! Sonst freut sich das Team sicherlich auch über andere Angebote zu einem kostenlosen Lagerraum. ;) )

In meinem Idealbild der Zukunft gibt es viele solcher regionalen Angebote, damit wir alle weniger selbst besitzen können und weniger produziert und schließlich wieder weggeworfen wird. Bis es ein wohlorganisiertes, dezentrales Netzwerk dafür gibt, findet sich ja womöglich auch eine Person in der direkten Nachbarschaft, die ausgerechnet den sagenumwobenen dreizehnten Teller oder die Bohrmaschine hat, die man gerade benötigt. Im Fall der eingangs erwähnten Familienfeier wurde auch auf Geschirr von mehreren Familien und dem des Catering-Unternehmens zurückgegriffen. Man sieht also: Lösungen lassen sich finden, wenn man danach sucht.

Wie gehst du mit der Geschirrfrage um? Einweg kaufen, Mehrweg besitzen oder sogar leihen? Schreib es gern in die Kommentare.

Alles Liebe
Philipp

8 Kommentare

Antworten

  1. Moin Philipp,
    schön wieder von dir zu lesen, Sommerpause beendet? :-)
    Geschirr hab ich so reduziert, das ich noch sechs Personen gleichzeitig bewirten könnte. Sollten es noch mal irgendwann mehr sein, dann leihe ich mir was. Ich mag nicht mehr so viel Geschirr haben wie früher.
    Lg Aurelia

    • Hallo Aurelia,

      ja, die Sommerpause ist jetzt offiziell vorbei – wohl ebenso wie der Sommer an sich. :D

      Bei uns ist es ähnlich: Wir haben uns für maximal sechs Personen eingedeckt, was ohnehin eine Standardgröße bei Geschirr zu sein scheint. Gelegentlich geht auch mal etwas kaputt. Entweder belassen wir es dann dabei, weil wir ohnehin noch genug haben, oder wir beschaffen es stückweise neu. In solch einer Situation bin ich für Ketten mit konstantem Sortiment sehr dankbar. :P

      Lieber Gruß
      Philipp

  2. Hallo Philipp,
    die Frage kam tatsächlich in letzter Zeit auch häufig bei mir auf. Ich bzw wir haben Geschirr für 18 Personen. Das habe ich mir damals, als ich ausgezogen bin, mühsam zusammen gespart und gewünscht und es ist “mein” erstes Service. Inzwischen hat sich meine Ansicht der Dinge geändert und wir brauchen es eigentlich selten. Aber weg geben? Wir behalten es bis es kaputt geht und dann eben nicht ersetzt. Dazu muss ich sagen dass wir es 2-3 mal im Jahr auch vollständig nutzen. Ansonsten wenn es nicht reicht, leihen wir uns in der Familie etwas. So habrn wir es zb zur Hochzeit mit Sektglasern gemacht. Einweg fanden wir einfach nicht gut.
    Liebe Grüße aus Hannover,
    Nicole

    • Hallo Nicole,

      für 18 Personen hätten wir gar keinen Platz in der Wohnung! (Außer, alle stehen, aber das ist zu pandemischen Zeiten ohnehin nicht denkbar.) Dass es ihr es weiterhin nutzt, bis es kaputt geht, finde ich gut! Zwei/drei Mal im Jahr wäre mir persönlich zu selten, um es in der eigenen Wohnung aufzubewahren und der Gedanke, dass es als Teil eines Verleihs beispielsweise wöchentlich genutzt werden könnte, gefällt mir sehr. Aber wahrscheinlich geht es dann auch zeitiger kaputt und ist, ehe man sich versieht, nicht mehr “das gute Geschirr”.

      Lieber Gruß aus Berlin
      Philipp

  3. Hallo Philipp, erstmal im näheren Umfeld fragen, wer etwas leihen kann, finde ich auch die einfachste Lösung. Für solche eher seltenen Ereignisse finde ich das auch völlig ausreichend. Einweggeschirr würde ich nie nehmen, auch nicht die Nicht-Plastik-Varianten.
    Man könnte auch überlegen, sich mit mehreren Leuten zusammen zu tun und sozusagen auf privatem Weg so etwas wie gemeinsamen Besitz schaffen. Wenns nicht gebraucht wird, kommt es halt in eine Kiste in einen Keller, wo noch etwas Platz ist. Der Haken: Vermutlich landet diese Kiste dann regelmäßig bei den Minimalisten, die haben ja am ehesten noch Platz im Keller. – Muss man doch noch mal bisschen länger drüber nachdenken…😉
    Herzliche Grüße nach Berlin

    • Hallo Gabi,

      die Idee des gemeinschaftlichen Besitzes in kleinem Kreise sagt mir auch sehr zu! Dafür würde ich meinen Keller sogar hergeben. Der steht allerdings momentan mit Möbeln des Vermieters voll, weil die Wohnung möbliert zu vermieten war, uns das aber zu viel war. :D

      Lieber Gruß nach Dortmund
      Philipp

  4. Hallo Philipp,
    vielen lieben Dank für den Beitrag :-)
    Gemeinschaftlichen Besitz / Teilen finde ich auch in vielen anderen Bereichen eine sinnvolle Lösung. (Give Box / Kreislaufschränke, Car sharing, Kostümverleih, Second hand, KInderbetreuung, Einkäufe für Nachbarn / Pflegebedürftige…)

    Wichtig ist halt, dass man für solche Anstrengungen ( extra wo hingehen und zurückbringen) sich Zeit nimmt. Sie als zwischenmenschliche Bereicherung erkennt und nicht nur als Muss den Weg zurückzulegen. Vor allem bietet er die Umweltaspekte ( Ressourceneinsparung, Müllvermeidung…)

    Und schmälert die monatlichen Ausgaben. So etwas macht unabhängiger, freier. Also nicht nur in deinem Sinne, dass Besitz im Schrank und bei Umzügen belasten sondern im Bezug auf mehr Freizeit da man weniger für unnütze Anschaffungen ausgeben / arbeiten muss. (4 Tage Woche anstatt 5 Tage Woche ;-) Und vorausgesetzt dieses Leihen ist kostenlos.

    Gerade an letzterem mangelt es aber. In München gibt es seit mehr als 30 Jahren Geschirrverleih. Man zahlt da zwischen 20 und 38 Cent pro Stück. also für 1 Gabel, 1 Messer, 1 Dessertlöffel kommen 0,90 bis 1,20 Euro zusammen ;-) Wer macht das dann noch bei einer Feier? ggfs der, der auf schlicht weißes, einheitliches Aussehen wert legt. Auch auf den Bring- / Abspülservice…Aber ich glaub das kostet dann noch extra.

    Wie bekommen wir also so Teilungsangebote kostenlos umgesetzt? Zuschüsse durch die Stadt, Spenden…?

    In der Schweiz gibt es z.B. eine nachbarschaftliche Umsetzung namens ‘Pumpipumpe’: https://pumpipumpe.ch/ Hier kann jeder freiwillig an seinen Briefkasten Symbole von Gegenständen oder nur der Organisation kleben um Nachbarn zu signalisieren, ich hab diese und jenes zum Verleihen bzw. bin bereit dir was zu leihen. Die Idee finde ich nicht schlecht :-) nur würdest du auch für Einbrecher einen schönen Anreiz mit all den aufgeklebten Dingen bieten ;-) Von daher reicht das Pumpipumpensymbol als Aufkleber ebenso. Seit Jahren gibt es auch außerhalb der Schweiz so beklebte Briefkästen.

    Lieben Gruß aus München

    • Hallo Claudia,

      den Aspekt, sich Zeit zu nehmen, entdecke ich oft als Ursprung von Umweltschädigung. Das geht schon bei so kleinen Dingen los wie Einkaufen im Unverpacktladen: Hier in Berlin müsste ich erst durch die halbe Stadt fahren, um zu einem zu kommen. Insofern heiße ich willkommen, dass auch zunehmend mehr Unternehmen Ihre Produkte in biologisch abbaubaren Verpackungen anbieten. Das empfinde ich als gelungenen Konsens für mich.

      Von Pumpipumpe habe ich auch schon mal gehört! So lässt sich vergleichsweise einfach ein lokales Netzwerk in der Nachbarschaft aufbauen. Womöglich ist es an der Zeit, dass ich mir auch mal solche Aufkleber bestelle. Denn einige Gegenstände, die nur ein paar Mal im Jahr genutzt werden, habe ich dann ja doch. :P

      Lieber Gruß aus Berlin
      Philipp

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