Im Alltag müllfrei einzukaufen und sich selbst zu versorgen, ist eine Angelegenheit. Müllfrei auswärts zu essen, eine andere. Praktischer Weise gibt es auch dafür mittlerweile Konzepte. Meine WG hat mich zum Geburtstag zum Dinieren in Berlins erstem Zero Waste Restaurant eingeladen. Wie das war und was es bringt, liest du hier.

Wo es doch mittlerweile in jeder größeren Stadt Läden gibt, die sich darauf spezialisiert haben, möglichst müllfrei den Alltagsbedarf der Kundschaft abzudecken, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch Cafés und Restaurants dieses Konzepts annehmen. In Unverpacktläden war ich bereits vielerorts Stammkunde und statte auch bei Stadtbesuchen gern den hiesigen Unverpacktläden Besuche ab, um zu sehen, wie unterschiedliche Konzepte aufgehen. (Für den Dresdner berichtete ich hier.) Da war zu erwarten, dass ich auch für ein müllfreies Restaurant Feuer und Flamme bin. Umso mehr gefreut hat mich das Geschenk meiner WG, mich zum Geburtstag ins Frea in Berlin einzuladen. Doch wie gut funktioniert das Prinzip für ein Restaurant? Ich war gespannt und wurde überrascht.

Die üblichen Verdächtigen

Schon beim Hinsetzen fällt auf, dass auf Einwegartikel verzichtet wird, wo es nur geht. Die sonst üblichen Einwegservietten gibt es hier natürlich nicht. Stattdessen wird von Leinentüchern Gebrauch gemacht. Das sieht nicht nur schön aus und fühlt sich gut an, sondern ist auch praktisch. Die üblichen Servietten reißen nämlich oft, sobald sie mit Feuchtigkeit in Berührung kommen.

Entsprechend gibt es auf den Toiletten ebenfalls keine Papierhandtücher, sondern kleine, sorgfältig gewickelte Baumwollhandtücher auf einem Stapel, die man anschließend im Wäschekorb “entsorgen” kann. Positiv überrascht werde ich von den begrenzenden Wänden zwischen den Toiletteneinheiten, die nicht etwa aus Plastik, sondern sinnlich anmutenden Holzwänden und -türen bestehen.

Bei so viel Detail bin ich umso mehr verwundert, Teelichter auf den Tischen vorzufinden. Die sind nämlich in Alumuniumbehältern, also Müll. Doch dazu später mehr.

Die Speisekarte

Oft werden Speisekarten ja laminiert, um sie vor äußeren Einflüssen zu schützen und länger verwenden zu können. Das wäre in einem ausgeschriebenen Zero Waste Restaurant natürlich gar unangebracht. Entsprechend wird das Menü auf dünnem, kompostier- und recyclebaren Packpapier gedruckt.

Die Auswahl ist übersichtlich, aber vielfältig. Das sagt mir als Mensch, der sich bei zu vielen Option mit Entscheidungen schwer tut, natürlich zu. Unterschieden wird zwischen diversen Vorspeisen, drei Hauptgerichten und drei Desserts, allesamt vegan. Wir bestellen eine bunte Mischung und teilen, um möglichst viele Gerichte probieren zu können.

Meine Favoriten: Das hausgemachte Brot, die Sauerteig-Flapjacks, die Fermente und die Röstkartoffeln mit Dips. Nächstes Mal versuche ich mich dann definitiv auch an den Buchweizen-Pancakes. Sowohl die Kohlrabilinguini als auch die Kartoffelterrine fand ich lecker. Am meisten angesprochen haben mich aber die grünen Tortelloni mit Brokkoli-Nuss-Füllung. Wenn es um das Ausprobieren von Neuem mache ich auch gern bei den Desserts eine Ausnahme, was den Zucker angelangt. Baiser aus Aqua Faba hat mich einfach zu neugierig gemacht. Tatsächlich war das verblüffend nah an dem gewöhnlichen Baiser mit Ei. Lediglich die Süße war angenehmer.

Lohnt sich das?

Doch genug Schwärmerei von den Köstlichkeiten: Da ich gewöhnlich einen recht großen Hunger aufweise, steht Geschmack zwar an erster Stelle, aber satt werden möchte ich ja auch. Entsprechend große Bedeutung messe ich auch Portionsgrößen und dem damit verbundenen Preis-Leistungs-Verhältnis bei.

Satt werde ich von keinem der Gerichte. Aber darum geht es hier auch nicht. Denn alles, was ich gegessen habe, war köstlich. Und wenn ich weiß, dass Speisen aus regionalen und saisonalen Gemüsen hergestellt werden, ohne dabei unnötigen Müll zu produzieren, unterstütze ich das gern auch finanziell. Das steigert meine Wertschätzung ungemein.

Es ist perfide, dass Wegwerfprodukte in unserer Gesellschaft zunächst finanziell günstiger sind als nachhaltige, mehrfach verwendbare. Natürlich Freilich kostet es zunächst weniger Geld, Papierhandtücher in einem fernen Land bei billigsten Löhnen herzustellen, maschinell zusammenfalten zu lassen und dann einfach wegzuschmeißen, als Handtücher wieder und wieder zu waschen und fein säuberlich händisch zusammenzulegen. Das bedeutet aber nicht, dass es auch besser ist. Den tatsächlichen Preis zahlen wir dann eben in anderer Form: Durch Verschmutzung der Meere und unserer Landschaften, Weichmacherin in unseren Körpern und Artensterben. Dieser Schaden lässt sich allerdings nicht mit Geld aufwiegen.

Was gar nicht geht

Bereits die zu Beginn angesprochenen Aluminiumbehälter lassen deutlich werden, dass auch diese Restaurant per Definition nicht zero waste ist, denn es fällt dennoch Müll an. Wie immer nehme ich natürlich kein Blatt vor dem Mund und hake nach. Warum Teelichter mit Aluminiumbehältern? Warum Kassenzettel aus Thermopapier? Und was passiert eigentlich mit all den Speisresten?

Die Antworten dazu sind erstaunlich offen: Restaurants kämpfen in Hinblick auf Müllvermeidung mit denselben Problemen wie Privatkonsumenten. Zu oft können wir nur direkt beim Einkauf erkennen, ob etwas in diesem Moment Müll verursacht oder nicht. Meterlange Bahnen Plastikfolie um Paletten herum bekommen wir als Konsumenten selten zu Gesicht. Dennoch können wir innerhalb unseres Machtbereichs wirken. Im Fall des Restaurants bedeutet das, stets bei den Lieferanden nachzuhaken, welcher Müll in den vorherigen Schritten anfällt, um Situationen wie bei den Teelichtern auszuschließen: Hier war bei der Bestellung nicht ersichtlich, dass sich im Wachskörper noch zusätzlich Teelichter befinden.

Bei Frea liegt der Fokus auf Plastik. Dennoch haben sie so lang nach einem Weingut gesucht, bis sie eins gefunden haben, das froh darüber war, die Folienversiegelung weglassen zu können. Bei Schaumwein sind sie noch auf der Suche nach Alternativen. Bioabfälle werden in der hauseigenen Kompostiermaschine binnen 24 Stunden mit Hilfe von Bakterien in Mutterboden gewandelt, den sie dann an ihre Kleinbauern zurückgeben.

Mir gefällt der offene Umgang mit der Imperfektion. Denn in puncto Müll hilft jeder kleine Schritt und so wird auf Hürden in der Lieferkette aufmerksam gemacht. Das einzige, was wirklich gar nicht ginge, wäre ebendiese Probleme totzuschweigen und so weiterzumachen wie bisher. Dann würde sich nämlich auch nichts ändern.

Dennoch ist offensichtlich, dass ein müllreduziertes Restaurant allein das Müllproblem dieser Welt ebenso wenig lösen wird, wie Unverpacktläden. Dafür sind die Umsatzmengen an Produkten des alltäglichen Lebens im Vergleich zu riesigen Konzernen zu klein. Damit es wirklich gelöst werden kann, müssen auch große Ketten umdenken. Trotzdem sind solche Pilotprojekte von größter Dringlich- und Wichtigkeit, denn erst durch sie wird überhaupt der Stein des Anstoßes ins Rollen gebracht, um den großen Wandel herbeizuführen.

Warst du selbst schon einmal in Geschäft, das bewusst auf Müll verzichtet? Wie waren deine Erlebnisse dort? Was ist dir aufgefallen? Teile es gern in den Kommentaren.

Alles Liebe
Philipp

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Tagebuch einer Großstadt.