… denke ich mir häufiger, wenn mal wieder etwas kaputt geht und ich meine, eine gewisse geplante Obsoleszenz erkennen zu können. Wieso ist das nicht längst verboten?
Zuletzt fiel es mir beim Schlüssel meines Fahrradschlosses auf. Alle paar Monate zerbrach einer, bis schließlich alle beigelegten Ersatzschlüssel aufgebraucht waren. Ein Schelm, wer allein aufgrund der Tatsache, dass Ersatzschlüssel beigelegt wurden, Böses denkt. Ein wenig auffällig wirkt es auf mich dann aber doch, dass…
- alle drei Schlüssel an derselben Stelle kaputt gingen,
- ausschließlich der Griff aus Kunststoff ist, obwohl hier die größten Kräfte wirken,
- und der letzte Schlüssel kurz nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung zu Bruch ging.
Die Überreste des letzten Schlüssels sind nun Müll, denn auch Leimen hilft hier nichts – die Bruchstelle stellt ja umso mehr die schwächste des ganzen Konstrukts dar.
Schon länger versuche ich, Plastik im Alltag zu vermeiden, wo immer möglich. Im Falle von Fahrradschlössern ein besonders kniffliges Anliegen. Schlösser mit Zahlenschloss wären eine Alternative, allerdings stellt bei einem Schloss Plastik nicht die einzige Schwachstelle dar: Da es der Witterung ausgesetzt ist, korrodieren die Metallteile ebenfalls, weshalb der Schließmechanismus nicht lang so geschmeidig läuft wie bei Kauf.
Ja, leider ist meine liebste Alternative zu Plastik auch nicht perfekt, wie ich auch bei meiner Seifendose aus Blech lernen durfte. Da ich sie viel mit auf Reisen nahm, um meine Stückseife zu transportieren, entstanden einige Dellen. Kurze Zeit später breitete sich Rost an den Dellen aus. Diesen versuchte ich mit Stahlwolle zu entfernen, kratzte damit jedoch auch eine (Kunststoff?-)Beschichtung ab, von der ich vorher nichts wusste. Fortan korrodierte das Blech nur noch schneller und hinterließ überall, wo die Dose lag, Rostflecken. Also blieb mir nur, die Dose ins Recycling zu geben. Dabei kaufte ich die Dose eigentlich, um Müll zu vermeiden, und nicht, um mehr zu verursachen.
Das Fahrradschloss kann ich glücklicherweise weiter verwenden, indem ich die Kettenenden mit einem Vorhängeschloss verbinde. Doch im Sinne der Erfindung ist dies sicherlich nicht, denn im Grunde ist das Vorhängeschloss eine Schwachstelle, da es einfacher zu knacken ist. Doch besser so als noch mehr Müll und an meinem alten Fahrrad haben Dieb*innen hoffentlich ohnehin kein Interesse.
Eine Frage bleibt jedoch bestehen: Wieso kommen Unternehmen weiterhin so leicht davon, wenn sie Murks produzieren? Ja, sowohl Unternehmen als auch Staat profitieren kurzfristig davon, wenn Konsument*innen sich häufiger etwas neu kaufen und dann wiederum Steuern darauf zahlen müssen. Doch langfristig wird dies nicht nur auf den Schultern von den Kaufenden und der Umwelt ausgetragen, sondern schadet letztlich auch den Unternehmen und in letzter Instanz dem Staat. Gerade in Zeiten wie diesen merken wir, dass nicht alle Ressourcen unbegrenzt zur Verfügung stehen, und welche massiven Auswirkungen es hat, wenn uns der Zugang zu einzelnen verwehrt bleibt. Da liegt es nahe, dass es eines Tages nicht mehr möglich sein wird, einfach ein Produkt nachzukaufen, denn auch Unternehmen wird der Zugang zu bestimmten Ressourcen früher oder später gesperrt werden, wenn es hart auf hart kommt. Und wenn diese Unternehmen gar nichts produzieren, gibt es auch nichts zu kaufen und der Staat nimmt noch weniger Steuern ein.
Selbst wenn Bestandteile eines Produkts recylcing-fähig sind, ist dafür Energie erforderlich. Devise sollte deshalb sein, Produkte bereits in der Entwicklung möglichst langlebig zu planen, konstruieren und schließlich produzieren. Meiner Meinung nach genügen zwei Jahre gesetzliche Gewährleistung auch gar nicht. Fünf Jahre sollten schon drin sein. Und da ich schon die ersten Aufschreie höre, dass man so etwas Unternehmen nicht zumuten könne:
- Was wir sonst Umwelt und Menschen zumuten, ist wesentlich schlimmer.
- Täte uns ein Perspektivwechsel gut: Wie kann man Produkte denn so gestalten, dass sie so lang halten?
Dass es anders geht, zeigen uns Unternehmen, die andere Wege einschlagen und beispielsweise eine lebenslange Reparatur versprechen. Wenn doch nur schon alle so “fortschrittlich” wären…
Alles Liebe
Philipp
Nicole
11/10/2022 — 06:58
Guten Morgen Philipp,
eine spannende und interessante Sichtweise, die ich tatsächlich schon aus vielen Richtungen gehört habe.
Ich selber habe solch eine Erfahrung tatsächlich noch nicht gehabt. Dinge halten bei mir über Jahre. Zumindest, sofern ich nicht das Billigste vom Billigsten gekauft habe und schon beim Kauf auf die Qualität achte. Der einzige Gegenstand, der innerhalb der Garantie repariert werden musste, war mein letztes Smartphone und das auch nur, weil ich nicht auf die Frontkamera verzichten wollte. Alles andere lief ohne Problem. Die Kamera wurde während der Gewährleistung repariert und so habe ich wieder ein Smartphone, das wie neu ist.
Liebe Grüße aus der Sonne ☀️
Nicole
Philipp
12/10/2022 — 07:02
Hallo Nicole,
darauf achte ich tatsächlich auch. Im Falle des Schlosses ist mir allerdings aufgefallen, dass auch die noch teueren Exemplare Schlüssel mit Plastikgriff haben.
Was dir Langlebigkeit von Produkten betrifft habe ich ein gemischtes Verhältnis: Meinen Laptop nutze ich seit acht Jahren, was laut einer Freundin aus dem IT-Bereich sehr lang ist, weil diese wohl eine durchschnittliche Lebensdauer von 3 Jahren hätten. Bei Kleidung bemerke ich generell eine recht kurze Lebensdauer, wobei das gegebenenfalls daran liegt, dass ich nicht so viele Kleidungsstücke besitze und sie sich deshalb schneller abnutzen. Aber für gesetzliche Ansprüche sollte das keinen Unterschied machen.
Lieber Gruß aus dem herbstlichen Berlin
Philipp