Der Winter mag vorüber sein, doch die sonst so vitalisierende Wirkung des Frühlings bleibt bei mir irgendwie noch aus. Genauso wie es heuer zu Ostern keine Erlösung geben wird, fällt nun auch die Osterruhe ins Wasser. Ehrlich gesagt bin ich enttäuscht, allem voran aber müde. Geht es mir damit allein so?

Unter gewöhnlichen Umständen heiße ich die Osterruhe nicht für gut, denn es erschließt sich mir einfach nicht, warum man ob des Gedenkens einer x-beliebigen Person, die vor knapp zweitausend Jahren starb, nicht feiern dürfen solle. Dabei gäbe es sogar einen sehr guten Grund zum Feiern: Endlich Frühling! Doch heuer verhält sich alles anders, weshalb es erstens keinen Grund zum Feiern gibt, die erst geplante, doch dann gekippte Osterruhe zweitens gar nicht genügen dürfte und ich drittens zum Feiern auch viel zu müde wäre. Beginnen wir von vorn:

Warum nicht nur Abwechslung endlich mal wieder feiern?

Zugegeben: Auch ich sehne mich wirklich nach einer riesigen Fete mit meinen Liebsten, um all die versäumten Feierlichkeiten für Jubiläen und dergleichen nachzuholen. Idealerweise handelte es sich um ein Sommerfest im Freien, irgendwo im Grünen, vielleicht sogar als Mini-Festival über mehrere Tage. In Kürze folgen die ersten Geburtstage, die wir dann bereits zum zweiten Mal in Folge nicht so recht feiern können. Wenn wir die alle nachholen wollten, kämen wir also gar nicht hinterher. Stattdessen eine große Zelebration mit geliebten Menschen; das ergibt schon Sinn.

Allerdings schließt sich das in Zeiten einer Pandemie, in der wir mit neuen, noch gefährlicheren Mutationen, zu geringen Impfstoffkapazitäten und allen Aufklärungskampagnen zum Trotz nach wie vor mit der Ignoranz einiger Individuen zu kämpfen haben, schlichtweg von selbst aus. Deshalb hege ich wenig Hoffnung für das heurige Sommerfest oder irgendeine andere Feierlichkeit auf absehbare Zeit. Ob der aktuellen Zahlen zu Neuinfektionen und Totesopfern ist mir aber ehrlich gesagt ohne nicht nach Feiern zu Mute.

Die Misere um die Osterruhe

Wie wohl Millionen anderen Menschen auch, standen mir ziemlich viele Fragezeichen ins Gesicht geschrieben, als von einmaligen zusätzlichen Ruhetragen die Rede war. Denn so ein Ruhetag scheint rechtlich gar nicht so eindeutig definiert zu sein. Entsprechend schwer gestaltete sich auch die Recherche um die Folgen für meine Arbeit. Nichtsdestotrotz freute ich mich insgeheim auf einen zusätzlichen freien Tag, denn von Kurzarbeit bekomme ich bisher nach wie vor nichts zu spüren. Stattdessen plagt mich derzeit eher die Mehrarbeit.

Gleichzeitig hielt ich die fünftägige Osterruhe für unzureichend, immerhin wird von Menschen mit fachlichen Kenntnissen immer wieder betont, dass man Effekte von Maßnahmen erst nach vierzehn Tagen so wirklich beurteilen könne. Von daher sorgte ich mich darum, dass der positive Effekt eines wirklichen Lockdowns einfach aufgefressen würde, wenn dann am Samstag alle aus Panik vor Nahrungsknappheit die Supermärkte einrennen. Letztlich irrelevant, denn die Entscheidung wurde revidiert und ersatzlos gestrichen.

Während mich die unerwartete Fehlerkultur der führenden Politikerin des Landes schier beeindruckt, lässt mich das Fehlen eines Plans B fassungslos zurück. Denn was hat sich nun geändert im Vergleich zu vor den Beschlüssen? Menschenansammlungen stellen zur Zeit ohnehin ein Tabu dar und es graut mir davor. Andererseits entzieht sich mir jeglichen Verständnisses, warum religiöse Gottesdienste jetzt doch wieder erlaubt sein sollen. Man kann auch von zu Hause aus beten und einer Andacht lauschen! Radios gibt es bereits seit fast hundert Jahren!

Seit Monaten warnt die Wissenschaft vor den gefährlichen Mutationen. Die strikteren Maßnahmen, die die dritte Welle brechen sollen, bleiben jedoch aus – immer zugunsten der Wirtschaft. Dahinter verbirgt sich aber ein trügerisches Bild, denn während einige wenige Branchen von der Pandemie profitieren, zählen andere, wie die Kultur, seit einem Jahr ihre Tage. Gleichzeitig baut der Staat momentan Rekordschulden auf, deren Tilgung wir wohl alle nicht mehr erleben werden. Da drängt sich doch die Frage förmlich auf, ob ein wirklich strenger einmonatiger Lockdown mit geregelten, personifizierten Ausgangszeiten zum Erwerb von Produkten des täglichen Bedarfs und einem Herunterfahren aller anderen Erwerbstätigkeiten und persönlichen Kontakte außerhalb des eigenen Haushalts, so viel mehr wirtschaftlichen Schaden anrichten würde, wenn man das große Ganze betrachtet.

Zu allem zu müde

Freilich bedarf das einiger Vorbereitung und Organisation. Beispielsweise eines öffentlich zugänglichen Systems zur Anmeldung zum Lebensmittelerwerb und einer Möglichkeit, kurz vor Lockdown Haushalte zusammenzulegen, um die psychische sowie physische Gesundheit und Pflege Betroffener zu gewährleisten. Klar ist auch, dass – wie immer – nicht alle einen Monat lang keiner Erwerbstätigkeit nachgehen werden. Die wirklich nötigsten Berufe werden wohl weiterhin ausgeführt. Doch irgendwo muss man ja anfangen. Bisher vermisse striktere Maßnahmen für die Wirtschaft und wünsche mir, dass hier dasselbe Maß angelegt wird, wie im Privatbereich. Denn dort nehme ich ständig Einschränkungen hin, doch gearbeitet wird weiterhin normal – nur eben mit Maske. Dessen bin ich müde.

Womöglich geht es den Regierenden nach einem Jahr Krisenmodus ja ähnlich. Der Leistung in solch unsteten und unvorhersagbaren Zeiten zolle ich großen Respekt, denn von uns war vorher niemand in einer solchen Situation. Und ja, Fehler passieren, denn wir sind Menschen. Da diese große Müdigkeit herrscht und wir im Kampf gegen das Virus noch einen langen Weg vor uns haben, können wir jetzt jedoch nicht einfach so weitermachen wie bisher. Wir können nicht gewinnen, wenn wir nicht besser werden. Wenn eine Methode nicht wirkt, kann man nicht erhoffen, dass es besser wird, wenn wir nichts ändern.

Sobald im privaten Umfeld keine strengeren Auflagen mehr möglich sind (momentan sind sie das noch, weil sich Personen aus zwei Haushalten treffen dürfen), bleiben nur noch stärke Eingriffe in die Arbeitswelt. Der Frühling 2020 hat gezeigt, dass es auch dort funktionieren kann, denn damals sind mehr Menschen zu Hause geblieben. Wirtschaftlich wirkt das freilich erstmal drastisch. Jedoch nützt ein gesunde Wirtschaft nichts, wenn die Bevölkerung kaputt geht. Deshalb täte so ein kompletter Stillstand in mehrerlei Hinsicht gut. Lieber einmal richtig, als lange halbherzig. Das Zermürbende ist doch die Perspektivlosigkeit, diese lange währenden Beschränkungen, die offensichtlich nicht ausreichen. Warum also nicht einmal gemeinsam konsequent durchziehen?

Und wer weiß: Vielleicht gibt es dann wirklich einen Grund zum Feiern? Die Hoffnung stirb bekanntlich zuletzt und fühlt sich im Frühling zu Hause.

Wie stehst du zu einem Monat mit wirklich striktem Lockdown?

Alles Liebe
Philipp