Handverlesen im Mai 2016

Tri-tra-rallala, der Mai ist da. Und auch direkt schon wieder vorbei. Zeit für die Monatsauslese also.

+ ANALOG +

Feiertagswut

Vergangenen Monat habe ich die volle Breitseite an Feiertagen in Deutschland abgekommen. Und das obwohl Hessen relativ wenige hat. Und das hat mich nicht nur erzürnt, weil dann jedes Mal Ausnahmezustand herrscht: Für mich, weil ich Feiertage keine Relevanz haben. Es sind Tage, wie jeder andere auch – abgesehen davon, dass in Deutschland Stillstand herrscht. Entsprechend oft kämpfe ich mich dann durch den Tag, weil ich mal wieder vergessen habe, dass es keine Lebensmittel zu kaufen gibt.

Es herrscht aber scheinbar auch Ausnahmezustand für alle anderen, sonst wäre nicht vor Feiertagen so ein Gedränge in Deutschlands Supermärkten, weil sich alle mit Hamsterkäufen eindecken, als gäbe es kein Morgen mehr.

An solchen Tagen sehne ich mich besonders nach Israel. Freilich gibt es da noch mehr Feiertage. Aber an den jüdischen Feiertagen läuft bei den Arabern alles wie gewohnt und umgekehrt. Das macht es wesentlich erträglicher!

Darüber hinaus stört mich noch etwas: Zwei Drittel aller gesetzlichen Feiertage in Deutschland sind christliche. Und das finde ich falsch. Allerdings ist es wie mit dem Wetter: Ändern kann ich es nicht.

Es geht mir dabei gar nicht darum, christliche Feiertage abzuschaffen. Ich reibe mich an der Verflechtung von Staat und Religion – vor allem, wenn es sich bei letzterer nur um eine handelt. Offiziell gibt es keine Staatsreligion in Deutschland. Über Steuern und eben Feiertage sind die beiden aber trotzdem verbunden.

So ordnet sich ein ganzes Land einer einzigen Religion unter, auch wenn sie sonst für einen Großteil der Bevölkerung keine Bedeutung hat. Und im gleiche Zuge frage ich mich, was eigentlich mit all den anderen Religionen ist, die es in Deutschland gibt. An muslimischen, jüdischen oder buddhistischen Feiertagen ist alles wie immer, obwohl es auch hiervon Anhänger in Deutschland gibt.

Meine Meinung dazu: Entweder ganz oder gar nicht. Ich tendiere zu Letzterem.

Man gewöhnt sich dran

Dann und wann bin ich mal in Berlin, jetzt schon ein paar Mal geschehen, so auch im Mai. Die ersten Male hatte ich überhaupt keine Verbindung zu dieser Stadt. Der Hype darum ging mir einfach nur auf die Nerven. Und sie schien mir so charakterlos. Einfach nur eine Stadt eben. Das hat sich ein wenig geändert.

Je öfter ich nach Berlin fahre, desto mehr Facetten der Stadt entdecke ich. Vielleicht ist ja gerade das der Charakter Berlins? Zur Lieblingsstadt wird sie deshalb nicht avancieren. Und zuletzt frage ich mich tatsächlich: Wieso eigentlich nicht?

Berlin ist vielfältig, wohl eine der tolerantesten Orte Deutschlands, zieht ungeheure Menschenmengen aus dem Ausland an, die mich dort besuchen kommen könnten (Israelis eingeschlossen und wahrscheinlich sogar auf Platz 1 :) ), hat kulturell einiges auf dem Kasten, bietet eine Vielzahl an Projekten in der Filmindustrie und punktet auch bei Nachhaltigkeitsprojekten. Klingt doch wie die perfekte Stadt, oder?

Das hat aber auch seine Kehrseiten. Der Hype hält nach wie vor an. Die Mieten steigen auch hier. Und jedes Mal in Berlin geht wahnsinnig viel Zeit drauf, um von A nach B zu kommen.

Aber hey, zumindest steht Berlin nicht mehr auf meiner “Kann-weg”-Liste. ;)

Lifemanagement

Ab und an tut es mir gut, meine Verhaltensmuster zu überwachen, um meinen eigenen Idealen näher zu kommen. So fiel mir im Mai auf, dass ich dringend etwas an meiner Tagesplanung ändern muss. So sieht ein typischer Tag bei mir aus:

Morgenroutine, Arbeit / Uni / andere Verpflichtungen, spät abends ankommen, schlafen. Unnötig zu erwähnen, dass ich bei Teil 2 die meiste Zeit Menschen um mich habe. Für mich selbst und der Arbeit an mir hin zu meinen Zielen ist da keine Zeit.

Wenn ich früh das Haus verlasse, bleibt keine Zeit zum Kochen. Abends kurz vorm Schlafengehen habe ich keine Motivation mehr. Auswärts essen raubt mir aber nicht nur Energie, sondern zieht mir auch das Geld aus der Tasche. Einfache Lösung: Selbst Kochen. Das braucht Zeit. Also muss ich sie mir nehmen. Sprich: Verpflichtungen streichen.

Das ist gar nicht so einfach, wie zunächst gedacht. Projekte häufen sich an, Stück für Stück. (Genau wie bei materiellem Besitz!) Ich muss da wachsamer sein. Was halse ich mir auf? Denn einmal angenommen, wird man sie so leicht nicht mehr los, besonders wenn man gerade inmitten eines Projektes steckt.

Letztlich leidet meine Kreativität darunter. Denn bei ständiger Beschäftigung mit entsprechendem Fokus, kommen meine Gedanken gar nicht dazu, abzudriften, anzustiften und mich mit neuen Ideen zu versorgen.

Ich neige dazu, Neues anzunehmen. Ein typischer Ja-Sager eben. Das ist allerdings genauso übel wie kategorische Nein-Sager. Deshalb lautet meine neue (bzw neu angestrebte) Angewohnheit: Abstand nehmen. Nicht sofort zu- oder absagen, sondern Bedenkzeit einfordern. Die wird in den seltensten Fällen verweigert und gibt mir die Möglichkeit, zwei Mal nachzudenken, ob ich wirklich Teil von etwas sein möchte.

 

Foto Aussicht Klunkerkranich, Berlin


# OBJEKT DES MONATS #

Foto Meine neue Brotdose

Meine neue Brotdose

Ich bin begeistert von meiner neuen zwei-etagigen Brotdose! Nachdem ich doch Bedenken hatte, Lebensmittel in meine Aludose zu verpacken (meine Karotten haben sich immer komplett schwarz verfärbt), habe ich mich eine ganze Weile im unüberschaubaren Brotdosensortiment umgeschaut. Unzählige Größen, Materialien und Schließmechanismen später fand ich mich schließlich im Einfach Unverpackt in Leipzig wieder, wo ich diese Schmuckstück fand.

Nein, ich bekomme nicht alles Essen rein, das ich tagsüber esse. Aber genügend, um nicht zu verhungern, ohne mir dabei einen abzuschleppen. Und wenn mal noch weniger sein soll, kann ich auch nur die zweite Etage mitnehmen.

(Und eine kleine Snackbox gehört auch noch dazu.)

 


– DIGITAL –

Nachhaltigkeit

Seifen gibt es jetzt auch ohne Plastik im Internet zu bestellen – wenn auch über Umwege.  Nachhaltige Experimente werden zum Prüfungsthema. Wo geht die Reise als nächstes hin? Vielleicht ein gesamtheitlicher Schwerpunkt unserer Gesellschaft auf nachhaltigen Lebensmittelerwerb?

Apropos Gesellschaft

Im Mai hat sie mir mehrmals sprichwörtlich in die Magengrube geschlagen. Wovon ich rede? Davon, wie rückständig hierzulande Vieles ist. Ein mobiler Lebensstil ist mir immens wichtig. Und diesen Monat habe ich besonders zu spüren bekommen, wie viele Steine einem in Deutschland hierbei in den Weg gelegt werden. Ich fühle mich überwacht. Mögliche Alternative: Abmelden? Das hat auch Vor- und Nachteile, aber vielleicht sind mir letztere ja schlichtweg egal? Ganz so radikal wie Tim, sehe ich es allerdings auch nicht. Meinetwegen, lasst diese ganzen analogen Melderegister für Menschen, die mit neuen Technologien nicht zu Rande kommen. Aber sollte es nicht trotzdem eine digitale Alternative für digital natives geben?

Nächster Schlag: Unsere Gesellschaft denkt gern binär. Du bist dies oder das. Es ist entweder so oder so. Ständig versuchen wir, ein System aufzubauen, das die reale Welt abbilden soll, dieser aber niemals gerecht werden wird. Das gilt auch für Geschlechsidentität und Sexualität. geschlechtsneutral ist ein Blog, der sich damit auseinander setzt. Äußerst lesenswert! Von der unterhaltsamen Seite geht es die Zeit-Kolumne Andersrum ist auch nicht besser an.

Und dann urteilen wir ja unglaublich gern über die vermeintlichen Anderen. Zum Beispiel, wenn wir abends den kiffenden Nachbarn beklagen, während wir mit Bier in der Hand auf dem Sofa sitzen. Aber ist das wirklich so viel besser? Und warum erkennen wir das Gute in Diversität nicht endlich an? Colin tut es doch auch.

Es bleibt ein Gedanke in mir bestehen: Ich will hier raus!

Aber ich will mich nicht nur beklagen, denn es tut sich ganz langsam etwas. Ich bin zwar nicht bei Facebook. Trotzdem freut es mich, zu hören, dass sich Menschen auch dort mehr Gedanken um ihre Privatsphäre machen. Was Facebook noch redundanter als ohnehin schon macht.

Motivation

Manchmal braucht es einiges, um uns zu motivieren. Sei es Arbeit, die ansteht, oder einfach mal die Komfortzone zu verlassen. Gregor schreibt, wie es sein Leben verändert hat, aus dem Club der Warmduscher auszutreten. Es ist echt eine seltsame Gewohnheit, wie mir an mir selbst aufgefallen ist. Und der Schritt zur kalten Dusche kostet wirklich Überwindung! Und Niall gibt seinen ultimativen Motivator bekannt. Jetzt brauche ich nur noch 500€.

Foto Leipzig Hbf


// DIE AUSSICHTEN FÜR JUNI 2016 //

Jetzt ist Sommer! (Mehr oder weniger…) Ich bin jedenfalls gespannt, was der Sommer bringt – einschließlich neuer Orte. ;) In jedem Fall möchte ich mehr draußen sein. In diesem Sinne… Ade!

Mich interessiert deine Meinung! Wie gehst du mit unliebsamen Feiertagen um? Oder bist du sogar froh darüber? Und welche Gefühle verursachen Staatsgewalt und Überwachung bei dir? Ich freue mich, von dir zu lesen!

Alles Liebe,

Philipp

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Handverlesen.

7 Kommentare

Antworten

  1. Hi Philipp,

    das schnelle Ja-Sagen kenne ich. Ging mir so als mich jemand fragte, ob man was in meinem Keller stellen dürfe. Der ist fast leer und das soll auch so bleiben damit ich spontan umziehen kann falls mich mal die Traumwohnung findet. So hab ich spontan “Ja” gesagt und am nächsten Tag erst was positives und dann doch “nein” gesagt. Das fühlte sich dann richtig gut an. Ich dachte erst, ich müsste mich für eine spontane Hilfeleistung revanchieren. Dann dachte ich um. Nein, das eine hatte mit dem anderen nix zu tun. Ich will das nicht mehr. Reduziert eure Sachen wenn ihr keinen Platz habt aber breitet euch nicht bei mir aus. Ich kenne diese Anfragen seit Jahren. Es geht nicht um vorübergehendes Unterstellen sondern um Kramverlagerung.

    Ich mache jetzt meine 3-Sekunden-Übung. Wie hat es sich in den ersten drei Sekunden angefühlt? Wollte ich das oder nicht? Und dann auch ehrlich, freundlich zu- oder absagen. Eingebaute Zeitverzögerung und wurde auch irgendwo auf einem Blog vorgeschlagen, wie du es beschreibst. Oder erst mal nein, dann ja sagen. Besser als umgekehrt. Ich übe noch.

    Liebe Grüße – Tanja

    • Hey Tanja,

      ich bin gerade recht überrascht, dass du dich deine Traumwohnung noch finden muss, wo du an deiner jetzigen bereits so viel optimiert hast. :)

      Auf das Bauchgefühl zu hören ist echt gut, die ersten paar Sekunden sind ein großartiger Indikator dafür, ob etwas wirklich richtig ist oder nicht. Da kann man noch so lang darüber nachdenken, wie man möchte. ;)

      Lieber Gruß,
      Philipp

  2. Hallo Philipp!

    Ich wünsche Dir viel Erfolg mit Deinem Projekt “Bedenkzeit”, das wäre auch für mich etwas.

    Nein sagen zu anderen ist immer wieder auch einmal ein ja sagen zu sich selbst. Daran versuche ich zu denken bei der Entscheidung. Fällt mir aber auch immer wieder sehr schwer. Besonders, wenn es um sehr nette Menschen geht, die mich um etwas bitten.

    Einen wundervollen Sommer wünsche ich Dir!

    lg
    Maria

    • Hallo Maria,

      vielen lieben Dank! Dir auch beim Einschätzen der eigenen Kräfte! ;)

      Ist das schon deine Verabschiedung in die Sommerpause? In jedem Fall dir auch einen grandiosen Sommer!

      Lieber Gruß,
      Philipp

      • Hallo Philipp!

        Ich stehle mich schon nicht davon, ein paar Blogtage gibt es noch und dann eine ordentliche Verabschiedung mit Blogpause :-)

        Trotzdem danke schon mal für die lieben Wünsche!

        lg
        Maria

        • Hallo Maria,

          ich persönlich würde dich gar nicht dafür verurteilen, wenn du ohne Verabschiedung ins die Pause gehst.

          Einerseits finde ich es sehr nachsichtig, den Lesern Bescheid zu geben. Andererseits würde es dem Konzept meines Blogs widersprechen, wenn ich bereits im Voraus darüber informieren würde, wo ich sein werde. Das ist nur ein Grund, weshalb ich es von anderen auch nicht erwarte.

          Lieber Gruß,
          Philipp

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