Paddeln im Spreewald – Ein Plädoyer für mehr Mini-Abenteuer

Wer hier schon länger mitliest, weiß womöglich um meine Leidenschaft für das Flusswandern. Leider gibt es hier nur ein Problem: In den letzten zwei Jahren, kann ich die Male, die ich mit meinem Kajak unterwegs war, nicht nur an einer Hand, sondern sogar an einem Finger abzählen. Ja, richtig gelesen: In den letzten beiden Jahren war ich lediglich einen Tag mit meinem Kajak unterwegs. Und selbst das war eigentlich nur ein letzter Strohhalm.

Letztes Jahr kam ich aufgrund des regelmäßigen Wochenendpendelns zwischen Lüneburg und Berlin überhaupt nicht dazu, weil die Wochenenden arg verkürzt waren. Vor meinem Umzug nach Lüneburg war noch tiefster Winter. Kaum war ich zurück in Berlin, war die Kajaksaison auch schon wieder vorbei. Tatsächlich hatte ich sogar in Erwägung gezogen, auch mal im Winter paddeln zu gehen. Das bietet sich aufgrund der kurzen Tage und des nicht vorhandenen Schleusenbetriebs im Grunde nur an, wenn man schleusenfreie Gewässer direkt vor Ort hat. Für An- und Rückreise sowie große Umsetzaktionen bleibt im Winter wegen der geringen Tageslichtdauer quasi keine Zeit.

2023 blieb keine Zeit vor unserer einmonatigen Interrail-Tour. Nach der großen Reise war ich dann doch auch recht viel unterwegs und am Ende des Sommers begann bereits meine Weiterbildung. So war ich bis in den Oktober hinein nicht einmal mit meinem Kajak paddeln. Das konnte ich freilich nicht auf mir sitzen lassen. Also nutzte ich die mir letzte verbleibende Chance im Jahr und nutzte den Tag der Deutschen Einheit für einen kleinen Ausflug in den Spreewald.

Mit dem Zug war es ein Leichtes, nach Lübbenau zu gelangen – dem Deutschland-Ticket sei Dank! Vom Lübbenauer Bahnhof bis ins Zentrum konnte ich mein Kajak mit meinem zusammenklappbaren Bootswagen an eine günstige Einstiegsstelle ziehen und aufbauen, bevor ich mich auf meinen eigentlichen Weg begab: Dem auf dem Wasser.

Auf dem Weg ins Zentrum von Lübbenau fielen mir natürlich auch einige politische Plakate auf. Was soll ich sagen? Auch wenn die Region politisch überhaupt nicht schön ist, empfinde ich sie landschaftlich als eine wahre Augenweide! Vor über zehn Jahren war ich hier bereits einmal mit Kollegen im Rahmen eines Betriebsausflugs paddeln und konnte mir damals schon sehr gut vorstellen, meinen Lebensabend im Spreewald zu verbringen und morgens mit dem Kajak zum Bäcker zu paddeln, um Semmeln für das Frühstück zu holen. Auch mehr als zehn Jahre später fand ich mich sehr schnell in diesen Schwärmereien wieder.

Das liegt unter anderem daran, dass ich wiederkehrend gastronomische Angebote am Uferrand passierte, wo ich mich auch verköstigen ließ. Freilich wäre es kostengünstiger, sich selbst zu versorgen, aber so unterstützt man einen sanften Tourismus und spart sich das Gepäck. Außerdem lässt sich so ein Stück Sahnetorte nur schwerlich unbeschadet im beengten Raum des Kajaks transportieren.

Leider ist die Region akut vom Klimawandel bedroht. Aktuell wird nämlich Wasser aus sächsischen Tagebaugebieten in die Spree gepumpt, weshalb sie trotz entnommenem Wasser in Berlin und langen Trockenperioden ausreichend Wasser führt. Allerdings sollen die Tagebaugebiete geflutet werden, weshalb künftig nicht mehr mit dem Wasser zu rechnen ist. Deshalb könnte es passieren, dass der Spreewald in mittelnaher Zukunft austrocknet oder – wenn das Wasser mittels Dämmen gehalten wird – stockt und schließlich kippt.

Ungeachtet der drohenden Trockenheit, bin ich bei meinem Mini-Abenteuer letztlich doch noch nass geworden. Nein, ich bin nicht ins Wasser gefallen. Auch das Operieren der kleinen Schleuse funktioniert problemlos. Allerdings setzte ungewohnt rasch die Dunkelheit ein und eher ich mich versah, fand ich mich im Dunkeln in einem herbstlich nassem Sturm wieder. So reichten auch die letzten paar hundert Meter, um komplett durchtränkt zu werden und tropfnass die Heimreise anzutreten.

Spaß hatte ich an diesem Tag trotzdem jede Menge und es fühlte sich wie ein ganz kleines Stückchen Urlaub an. Deshalb möchte ich dieses Jahr – ganz im Sinne meines Jahresmottos Ein Leben in Hülle und Fülle – mehr dieser kleinen Mini-Abenteuer in meinen Alltag integrieren. Selbstverständlich heißt das, auch wieder häufiger zu paddeln, aber eben nicht nur. Manchmal wird es eine Wanderung (davon hatte ich zugegeben letztes Jahr auch ein paar), eine Partie Scotland Yard Live, eine historische Schnitzeljagd oder eine thematische Fototour.

Zuvor hatte ich bereits angekündigt, heuer bewusst weniger Reisen anzustreben, als es sonst für mich üblich ist. Das ist gewissermaßen ein Selbstexperiment: Gelingt es mir, mich auch dann in meiner Haut wohlzufühlen, wenn ich meiner gewohnten Umgebung nicht ständig entfliehe und zwischen meinen Sehnsuchtsorten pendele? Kann ich ausgedehnte (und folglich kostspieligere) Reisen durch häufigere Mini-Abenteuer substituieren?

Denn obwohl ich mich heuer finanziell auf das Nötigste beschränken mag, soll das nicht heißen, dass ich an Lebensqualität einbüße. Im Gegenteil: Ich möchte die Dinge, die ich bereits habe, verstärkt nutzen, um mehr Freude in mein Leben zu holen. Freiwilliger Verzicht muss nicht gleichbedeutend mit Selbstgeißelung sein.

In diesem Sinne: Auf mehr Mini-Abenteuer im Alltag!

Welche Mini-Abenteuer nutzt du, um deinen Alltag aufzulockern? Oder ist der dir bereits Abenteuer genug und du willst einfach nur chillen? Teile es gern in den Kommentaren!

Alles Liebe
Philipp

Kann Digital Detox noch funktionieren?

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Klar, passiert das alles ab und zu, aber eben nicht ständig. Denn was man häufig vergisst, wenn man an einem Ort zu Besuch ist, ist der Alltag der dort wohnenden Menschen.

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