Seitdem ich in Berlin in unmittelbarer Nähe zur Spree wohne, genieße ich tägliche Spaziergänge an ebendieser. Leider wird dieses Ergebnis ebenso täglich getrübt.

Großstädte können grau sein. Berlin bildet da, so schön und grün es im Sommer auch ist, keine Ausnahme. Umso wichtiger ist es mir, unmittelbaren Zugang zu grünen Zonen zu haben. Gewässer haben es mir dabei besonders angetan. Wie praktisch erweist es sich da, direkt an der Spree zu wohnen. Es beruhigt mich, die Kähne mit ihren Kaffeefahrten vorbeiziehen zu sehen. Hier und da ein Schwanenpärchen, eine Entenfamilie oder Hunde die am Ufer mit ihren Menschen spielen – ein Traum.

Das getrübte Paradies

Dann gibt es aber leider auch an vielen Stellen bunte Tupfer – nicht etwa von Blumen, sondern knalligen Plastikverpackungen. Bei genauerem Hinsehen liegen die allerdings nicht nur am Ufer, sondern treiben mit der schwachen Strömung langsam flußabwärts über Havel und Elbe gen Meer. Über kurz oder lang landen all die kleinen Überbleibsel der Berliner Spazier- und Flaniergesellschaft also in einem der Ozeane, wo sie für Jahrhunderte umherschwirren.

Welche Auswirkungen das hat, erlebe ich auch beim Tauchen: Neben bunten Korallen, farbenfrohen Fischen , Quallen, Rochen, Schildkröten und Kraken befördere ich unter Wasser auch jedes Mal wieder Menschen-Müll mit an die Oberfläche. Für alldiejenigen, die selbst noch nie tauchen waren, geben dieses und dieses Video auch sehr gute Einblicke.

Auf die Müllproblematik stoße ich immer wieder – egal wo auf der Welt. Ob im Nahen Osten oder auf den Gipfeln der Alpen: Wo wir Menschen hinkommen, hinterlassen wir Spuren. Doch hinter uns räumt niemand auf, wenn wir es nicht selbst erledigen. Die Flüsse mögen den Müll zunächst wegspülen, aber wir leben nun mal nicht auf einer Scheibe, von der am Ende des Flusses, einfach alles, was wir ihm mitgeben, aus unserer Welt im Nirgendwo verschwindet. Stattdessen zirkuliert und zerfällt es in den Ozeanen und kommt eines Tages zu uns zurück – als Mikroplastik in Fischstäbchen oder Meersalz.

Was können wir tun?

Meiner Meinung nach hilft bei Plastik jeder kleine Schritt, wenn es darum geht, es zu vermeiden. Das sollte bereits bei der Entstehung passieren. Wir können also freilich möglichst plastikfrei einkaufen. Aber das genügt mitnichten. Mülleimer mit Deckeln verhindern zumindest, das der darin entsorgte Inhalt vom Wind wieder in die Landschaft verteilt wird. Recycling kann dafür sorgen, dass Kunststoff wiederverwendet wird. Aber all das beseitigt nur Symptome. Die Ursache behebt es nicht: Die Entstehung von Einweg- und Wegwerfprodukten, die nicht biologisch abbaubar sind.

Dafür sorgen könnten Politik und Entscheidungsträger in der Wirtschaft. Wenn Plastik so schlecht ist, wäre es doch naheliegend, es einfach zu verbieten, oder? Da die Kunststoffindustrie aber Arbeitsplätze und hohe Steuereinnahmen verspricht, wir nach wie vor kein Grundeinkommen haben und Politiker in einer Demokratie gewählt werden wollen und nicht einfach allein bestimmt können, wird das nicht in absehbarer Zeit passieren.

Alternativ wäre auch eine erhöhte Abgabe für produzierten Kunststoff denkbar, sodass müllverursachende Produkte finanziell teurer sind als müllfreie – also genau andersherum als es heute der Fall ist und so wie es eigentlich sein sollte. Da bräuchte es nur ein unabhängiges Organ, das prüft, dass die dadurch aufgebrachten Gelder auch tatsächlich dafür verwendet werden, unsere Umwelt von Müll sauber zu halten und diesen fachgerecht zu entsorgen.

Ein Teufelskreis ohne Ausweg?

Bis das passiert, wird der Müll weiter unsere Landschaften zumüllen, Tiere elend verenden lassen und meine Spaziergänge beeinträchtigen. Entziehen können wir uns ihm nicht anders. Bezahlen werden wir so oder so: Entweder mit Geld, um das Problem anzugehen oder mit unserem Lebensraum. Und selbst wenn Deutschland entsprechende Schritte unternehmen würde: Die Spree ist nur ein Fluss, Deutschland nur ein Land von vielen. Dieses Problem ist global und sollte auch entsprechend weltweit angegangen werden.

Letztlich tun wir uns nur selbst einen Gefallen damit. Unser Planet wird im Zweifel den längeren Atem haben. Umweltschutz ist Schutz unserer Lebensqualität – nicht mehr und nicht weniger. Wenn es uns eines Tages nicht mehr gibt, macht die Erde einfach weiter ihr Ding. Uns wird niemand nachweinen. Der Planet wird eher aufatmen, dass er diesen Parasiten endlich losgeworden ist.

Also lasst uns bitte aufhören, Umweltaktivisten als Weltretter zu belächeln: Das einzige, was wir hier tatsächlich retten, ist uns selbst.

Alles Liebe

Philipp