Den Mai hatte ich als meinen veganen Monat deklariert. Experimentierfreudig wie ich mit Lebensmitteln bin, habe ich mich natürlich auch hier nicht davon abbringen lassen, in der Küche Alternativen zu meinen herkömmlichen Zutaten zu probieren. Dass bei Weitem nicht alle Versuche von Erfolg gekrönt waren, brauche ich wohl kaum zu verschweigen. Doch lies selbst.

Warum vegan?

Eine enge Freundin meinte neulich, sie kenne wohl niemanden, der so autorestriktiv lebt, wie ich. Meine Perspektive darauf sieht freilich anders aus. Dennoch stellt sich die Frage, warum ich nach Alkohol, Fleisch und Zucker nun auch noch auf alle andere tierischen Produkte in meiner Ernährung verzichten wollte.

Zur Abwechslung hat das mal nichts mit meinem Gesundheitsstreben zu tun, sondern schlichtweg ökologische und Tierwohlgründe. Auch wenn für Ei- und Milchprodukte im Grunde keine Tiere sterben müssen, sind ist die Produktion ebendieser doch sehr eng mit der Fleischindustrie verwoben. In Hinblick auf das Klima hinterlässt eine rein pflanzliche Ernährung noch einmal einen geringeren Fußabdruck als eine vegetarische. Seit Anfang des Jahres wollte ich mich also veganer ernähren. Da das nur von mäßigem Erfolg gekrönt war, setzte ich mir in die Kopf, einfach mal einen Monat komplett auf einen veganen Speiseplan zu setzen.

So ist es mir ergangen.

Houston, wir haben kein Problem

Tatsächlich fiel mir der Monat erstaunlich leicht. Nicht einen einzigen “Fehltritt” hatte ich – so weit ich es beurteilen kann. Der Schritt von vegetarischem zu veganem Essen ist recht leicht, wenn man es selbst herstellt: Einfach Butter, Eier, Milch, Joghurt, Quark, Käse und Sahne weglassen. So weit die Theorie.

Anfangs hatte ich mit massiven Blähungen zu kämpfen. Das hat sich nach zwei Wochen aber zum Glück gelegt. Offensichtlich benötigt die Flora des Verdauungstraktes etwas Zeit, sich an eine Nahrungsumstellung zu gewöhnen.

Auswärts zu speisen, gestaltete sich eher mittelmäßig. Zumindest in Großstädten ist vegetarische Ernährung mittlerweile angekommen. Vegan auswärts zu essen, bedeutet hingegen – bis auf wenige Ausnahmen – die rein pflanzliche Interpretation eines Junkfoods (Stichwort: vegane Bürger) zu bestellen oder schlichtweg Verzicht zu üben. Entsprechend war ich schon etwas herbe enttäuscht, als ich in einer Pizzeria fragte, ob man eine Pizza auch vegan gestalten könne. Es wurde mir zwar bejaht, letztlich erhielt ich jedoch einfach dieselbe Pizza ohne Käse, wobei der jedoch auch nicht durch mehr Gemüse kompensiert wurde. Ich fühlte mich ausgenommen.

Dass es auch anders geht, hat mir eine meine Stammpizzerien bewiesen: Sie haben eine vegane Pinsa im Programm, die mit ordentlich viel Gemüse aufwartet, sodass mir auch geschmacklich nichts fehlt. Ebenfalls überzeugend fand ich eine Tiefkühlpizza, die anstelle von Käse und Tomatensoße Humus auf den Teigboden schmierte. Gute Idee, die schmeckt und Appetit auf mehr macht!

Königsdisziplin Pancakes

Auswärts essen ist bekanntermaßen teuer. Das trifft umso mehr zu, wenn man ein wenig darauf achtet, was man seinem Körper zuführt, und einen solch gigantischen Appetit hat wie ich. Entsprechend habe ich mich auch zu Hause an veganen Alternativen probiert.

Eine wesentliche Tradition in meinem Leben besteht darin, am Wochenende Pancakes zu backen. Im bisher besten Rezept, das ich kenne, sind sowohl Eier als auch Joghurt und Milch enthalten. Also habe ich mich daran versucht, sie durch andere Zutaten zu ersetzen. Daran bin ich kläglich gescheitert.

Sechs verschiedene vegane Rezepte habe ich innerhalb eines Monats probiert. Wirklich überzeugen konnte mich davon keines. Das bringt mich zum Kernproblem veganer Küche.

Eine Kunst und Wissenschaft für sich

Über die verschiedenen Funktionen des Essens habe ich bereits geschrieben. Zumindest in meinen Augen dient es nicht nur der bloßen Energieversorgung. Ebenso verhält es sich mit der Charakteristik von Essen, welche nicht ausschließlich durch den Geschmack bestimmt wird. Selbst wenn Steine nach Schokolade schmeckten, würden wir ihn nicht als Ersatz für Schokolade hernehmen, da wir uns die Zähne daran ausbeißen. Konsistenz und Inhaltsstoffe sind also gleichermaßen wichtig. Beim Backen spielt zudem das chemisch-physikalische Verhalten eine wesentliche Rolle.

Vegane Alternativen zu Joghurt, Milch, Käse und Eiern habe ich zuhauf probiert – auf Basis von Soja, Kokosnuss, Mandeln, Cashew und anderen exotischen Zutaten. Überzeugen konnte mich keine so wirklich, was an genau dieser Problematik und meinen Erwartungen liegt: Wenn man etwas als veganes Ersatzprodukt bewirbt, suggeriert das, es könnte einfach 1:1 gegen tierische Produkte ausgetauscht werden. Das funktioniert aber nicht. Vegane Ersatzprodukte imitieren Geschmack, Nährstoffe, Textur und chemisch-physikalisches Verhalten, jedoch nicht alle zusammen. Austauschmittel, die einen Aspekt perfekt imitieren, gibt es durchaus. Aber keines schafft, sämtliche Kriterien zu erfüllen.

Das sollte eigentlich auch keine Überraschung, sondern logisch sein. Zwei Produkte mit verschiedenen Lebensmitteln können natürlich nicht dieselben Eigenschaften aufweisen. Die die Regel bestätigende Ausnahme hiervon bildet wahrscheinlich ein veganer Burger, der mich in Hinblick auf Konsistenz und Geschmack so sehr an eine Fleischbulette in medium rare erinnert hat, dass ich sogar leicht angeekelt war. Allerdings weiß ich hier nichts über die Nährstoffe im Vergleich zu Fleisch. Veganer Joghurt hat grundsätzlich anders geschmeckt, eine andere Konsistenz und nicht ansatzweiße die gleichen Nährstoffverhältnisse. Veganer Käse hat mich geschmacklich an billigen Industriekäse erinnert, jedoch eine krümligere Konsistenz (außer man schmilzt ihn) und ebenfalls andere Nährstoffverhältnisse. Im Allgemeinen ist mir aufgefallen, dass vegane Ersatzprodukte wesentlich mehr Kohlenhydrate sowie kaum Protein enthalten und ich generell noch mehr essen musste, um überhaupt satt zu werden.

Die Bewertung all dieser Beobachtungen muss jedoch nicht zwingend negativ ausfallen, sonder hängt in erster Linie von unserer Perspektive ab. Wenn es darum geht, Gerichte mit tierischen Inhaltsstoffen bestmöglich zu imitieren, werden der veganen Küche unnötig viele Steine in den Weg gelegt, weil sie stets verglichen werden wird. Stattdessen sehe ich den Anreiz darin, von Grund auf neue Gerichte zu entwickeln.

Was bleibt, was geht?

Mein veganer Monat Mai mag vorüber sein, doch welche langfristigen Effekte konnte er bewirken, welche Gewohnheiten behalte ich bei und von welchen verabschiede ich mich?

Als meinen größten Erfolg im veganen Monat erachte ich meine neue Alternative zu Joghurt und Quark im Müsli. Statt 500g Joghurt-Quark-Mischung habe ich meine eigene vegane Mischung beibehalten, die mir nebenbei auch noch besser schmeckt als fertige vegane Joghurts. Außerdem vermeide ich so einigen Kunststoffmüll. Aus mir unerfindlichen Gründen werden vegane Alternativen stets in Plastik verkauft, während die äquivalenten Milchprodukte auch in Glas erhältlich sind.

Tofu gibt es mittlerweile zu Glück auch aus Europa und schmeckt geräuchert oder mit Mandeln gut auf Brot und in Salaten oder mit Pasta. Idealerweise hätte ich ihn gern noch unverpackt. Da ich Käse aber auch nicht unverpackt erhalte, verwende ich Tofu gern stattdessen.

Vom Versuch, vegane Pancakes ebenso gut hinzubekommen, wie ich es mit Eiern, Joghurt und Milch würde, habe ich mich verabschiedet. Zu viele Lebensmittel sind dadurch bereits in die Tonne gewandert und keins der Ergebnisse konnte mich zufrieden stellen, weil sie entweder nicht fluffig genug, zu kohlenhydratlastig oder generell nicht formstabil waren und zu einer undefinierbaren, klebrigen Masse verkommen sind. Daran konnte auch das vegane Ei-Pulver nichts ändern. Eine beschichtete Pfanne mag dabei helfen, solch eine besitze ich jedoch nicht. Das Kreieren von veganen Alternativrezeptpen überlasse ich künftig lieber Profis und optimiere im Anschluss.

So weit zu meinem veganen Monat Mai. Hast du es auch schon mal mit veganer Ernährung probiert? Welche Erfahrungen hast du mit veganen Alternativen und Ersatzprodukten gemacht?

Alles Liebe
Philipp