Hoppla! Eben herrschten noch eisige Temperaturen, dann grünt und blüht kurz alles und ehe man sich versieht, ist der Frühling auch schon wieder vorbei. Dabei hatten wir endlich mal wieder einen richtigen Frühling und das habe ich genossen. Hier sind meine Höhepunkte.

+ ANALOG +

Ein normaler Frühling

Ja, ich weiß, was ist schon normal? Insbesondere in Anbetracht der anhaltenden Pandemie wirkt es beinahe vermessen, von Normalität zu sprechen. In einer Hinsicht nahm ich diesen Frühling allerdings doch als normal wahr, zumindest wenn ich ihn mit meinen Kindheitserinnerungen vergleiche: Das Wetter entsprach dem eines Frühlings “wie früher”.

Es mag zunächst trivial erscheinen, wenn ich hier über das Wetter und Jahreszeiten schreibe. Aber wann hast du denn zuletzt einen Frühling erlebt, der nicht direkt nach einer Woche moderater Temperaturen zu höchst sommerlichen sprang? Kannst du dich überhaupt daran erinnern? Laut Deutschem Wetterdienst herrschte heuer der “kälteste” Frühling seit 2013. (Im Grunde halte ich den kühl für die geeignetere Umschreibung.) Dennoch sei zu wenig Regen gefallen.

Mein israelischer Partner vermag das gar nicht zu glauben und fragt mich bei jedem Regenschauer, ob wir denn nun nicht genügend Regen gehabt hätten. Gefühlt beschwerten sich alle über die lang anhaltenden, kühlen Temperaturen. Meines Erachtens war es genau das, was wir mal wieder brauchten. Zu sehr hatten wir uns schon daran gewöhnt, dass die vergangenen Jahre zuletzt ab April Sommer war.

Wir können nur darauf hoffen, dass wir in den kommenden weitere kühle Frühlinge erleben dürfen, sowohl in Hinblick auf die Landwirtschaft als auch unter den zu erwartenden Auswirkungen der globalen Erwärmung. Da lernt man solch ein triviales Thema wie Wetter und Jahreszeiten doch direkt schätzen.

Regionaler reisen

Die Pandemie ging weiter, die Reisebeschränkungen auch. Ja, theoretisch hätte man zu manchen Flecken der Erde reisen können. Aber es fühlt sich weder für mich selbst gut an, noch empfinde ich es unter den gegebenen Umständen als moralisch vertretbar. Abgesehen davon ließ meine Lohnarbeit keinen Raum für ausgedehnte Reisen.

Umso mehr Gelegenheit bot sich, die Region besser kennenzulernen. Im Frühling durfte ich so die Märkische Schweiz mit ihrer sumpfigen Landschaft und den reichlichen, opulenten Landhäusern ebenso kennenlernen, wie den Berliner Grunewald. Freilich liegt letzterer so nah, aber in Berlin trifft das auf Vieles zu. Da kann es schon mal dauern, bis man es wieder in eine bestimmte Ecke schafft.

Schließlich eröffnete ich noch die hiesige Paddelsaison und brachte mein Kajak wieder aufs Wasser. Berlin habe ich damit zwar noch nicht verlassen, doch dafür möchte ich heuer ja noch eine mindestens einwöchige Kajaktour unternehmen. Fortsetzung folgt…

Kultur in der Pandemie

Dass Kulturschaffende besonders unter der Pandemie zu leiden haben, weil öffentliche Veranstaltungen während des Lockdowns über Monate hinweg nicht möglich waren, dürften mittlerweile alle mitbekommen haben. Auf Arbeit spüre ich davon zwar noch nichts, weil wir mehr denn je zu tun haben, aber privat fehlen mir Kinos, Konzerte und Theater umso mehr.

Vieles davon hat sich ins Wohnzimmer verlegt: Streaming statt Projektion, Mitschnitt statt Live-Konzert, Party auf dem Sofa statt im Klub. Aber auch außerhalb davon hat sich einiges getan: Musik auf den Straßen schätze ich neuerdings noch mehr. Der alte spanische Gitarrist in Moabit hat mir vorher schon oft ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, jetzt erwärmt er auch noch mein Herz, denn er füllt eine Lücke. Kurzfilmen wird als Vorprogramm (insofern es dieses überhaupt noch gibt) einer eher geringer Stellenwert eingeräumt. In pandemischen Zeiten feiere ich diese kurzweiligen Kunstwerke umso mehr, wenn ich sie in einem Schaufensterkino bewundere.

Nun frage ich mich, was die Zukunft für unsere Kultur bereithält? Welche Notlösungen setzen sich langfristig durch? Welche neuen Formate behaupten sich auch nach der Pandemie und welche verschwinden von der Bildfläche?

Foto Märkische Schweiz
Sumpflandschaft in der Märkischen Schweiz

– DIGITAL –

Freiheit schätzen und verteidigen

Leider ging Ende Mai eine Nachricht um die Welt, die mich in meinen Grundfesten erschütterte: Die erzwungene Landung einer zivilen Flugmaschine über dem Luftraum von Belarus, woraufhin der oppositionelle Regierungskritiker Roman Protasewitsch sowie seine Partnerin, welche in diesem Flugzeug von Athen nach Vilnius reisten, festgenommen wurden.

Einerseits bin ich noch immer schockiert, dass es Menschen gibt, die vor nichts zurückschrecken, um ihr fragiles Machtgefüge zu retten. Andererseits, weil ich nicht fassen kann, dass Menschen immer noch in so vielen Ländern auf der Welt ihre Meinung nicht frei äußern können, ohne um ihr Leben fürchten zu müssen. Schließlich, weil es sich gar nicht um ein weit entferntes Land handelt, denn Berlin und Minsk trennen weniger als 1000km. Und doch könnten die politischen Realitäten nicht ferner von einander entfernt sein.

Sowohl als Blogger als auch als Mensch bin ich in Gedanken bei Roman Protasewitsch sowie seinen Angehörigen und Liebsten. Leider empfinde ich hier eine völlige Machtlosigkeit und frage mich, was wohl noch passieren muss, ehe die internationale Staatengemeinschaft aktiv wird.

Der Eurovision Song Contest ist zurück

Vor zwei Jahren war ich noch live dabei, letztes Jahr fiel er leider pandemiebedingt aus, doch heuer ist er zurück: Der Eurovision Song Contest. Überraschend vielseitig auf der einen Seite, überraschend viele Dopplungen auf der anderen. Dass so viele Länder sich von den 80ern haben inspirieren lassen und mit silbernen Kleidern aufgetreten sind, erscheint mir schon ominös. Meine Favoriten haben leider nicht gewonnen, wobei es mir dieses Jahr erstaunlich schwer fiel, überhaupt nur einen zu finden. Gleichermaßen empfand ich kaum einen Beitrag als komplett furchtbar.

Was für mich aber am meisten herausstach waren die technischen Neuerungen und Regeländerungen. Letztere ermöglichten nämlich erstmal Hintergrundgesang einzuspielen. Das lässt die Grenzen zwischen Aufzeichnung und Live-Event ebenso verschmelzen wie das Verwenden von voraufgezeichneten Beiträgen, die aufgrund von Krankheit oder Reisebestimmungen nicht live auf der Bühne stehen können. Trotzdem reichte das erstaunlicherweise für einen vierten Platz, wie Daði og Gagnamagnið bewiesen.

Eine weitere bemerkenswerte Änderung sehe ich in der Möglichkeit, via App digital zu applaudieren, was dann vor Ort je nach Stärke des digitalen Klatschens und Jubels mit eingemischt wird. Freilich lässt sich die Funktionalität schlecht überprüfen, zumal es ohnehin einen technisch bedingten Zeitversatz von mehreren Sekunden ob der Übertragung gibt, doch allein die Idee, auch Reaktionen aus den Wohnzimmer als Rückmeldung in Echtzeit auf die Bühne zu geben, ist doch grandios! Womöglich wird das sogar noch ausgebaut, sodass man gezielt auf verschiedene Arten “telereagieren” kann. Das halte ich für einen wichtigen Schritt zu mehr Inklusion und Teilhabe.

Tschüß, YouTube!

Gabi wies Ende Mai dankenswerter Weise auf ihrem Blog Achtsamer Minimalismus auf die neuen Nutzungsbedingungen von YouTube hin. Ich danke vielmals, Gabi! Solche Änderungen der Nutzungsbedingungen begegnen uns täglich. Doch wer liest sie sich allen Ernstes jedes Mal durch?

Im Falle von YouTube gingen mir schon länger all diese Banner und Einwilligungen auf die Nerven; vom Sammeln meiner Daten für die Kommerzialisierung durch Werbung ganz zu schweigen. Und dann noch die ständigen Werbeunterbrechungen innerhalb von Videos. Grauenhaft! Bisher war es jedenfalls dennoch möglich, die eigenen Videos werbefrei abspielen zu lassen, wenn man selbst auf eine Monetarisierung verzichtete. Mit den neuen Bedingungen wäre das hinfällig.

Da ich aber nicht möchte, dass meine Videos durch Werbung unterbrochen werden – oder überhaupt kommerziell genutzt – habe ich beschlossen, YouTube nicht mehr weiter aktiv zu verwenden und meinen Kanal gelöscht. Zu meinem Ärgernis hat Google mir das auch noch erschwert. Denn ich hatte mich zuvor bereits seit einigen Monaten nicht mehr angemeldet und musste erst meine Handynummer angeben, bevor ich überhaupt auf mein Konto zugreifen konnte, um es schließlich zu löschen.

Mir ist schon bewusst, dass ich YouTube gelegentlich weiterhin passiv nutzen werde. Aber mit dem Wissen um die neuen Bedingungen im Hinterkopf, werde ich hoffentlich wesentlich seltener die Gelegenheit ergreifen. Ohnehin verbringe ich viel zu viel Zeit mit dem passiven Konsum von Videos. Insofern nutze ich die Änderungen der Nutzungsbestimmungen doch einfach, um auch hier zu reduzieren.

Foto Kajak am Bundesratufer
Mein Kajak am Bundesratufer

# FOKUS #

Im Frühling lag mein Fokus auf meiner Gesundheit. Im Grunde war ich durchweg von meiner Magenerkrankung betroffen und auch eine Operation war nötig. Entsprechend konzentrierte ich mich allem voran darauf, meine Gesundheit wiederherzustellen. Das bedeutete auch, mich Aktivitäten, denen ich eigentlich gern nachgehen wollte, zu verwehren. Fokus auf das Wesentliche hieß im Frühling: Lohnarbeit und Erholung. Als logische Konsequenz blieb meine außerberufliche Produktivität auf der Strecke und auch bei dem einen oder anderen Ziel stellte ich mich in Gedanken darauf ein, dass ich womöglich davon verabschieden müsste.

Foto Bunte Blüte
Bunte Blüte im Rosengarten des Humboldthains zu Berlin.

// DIE AUSSICHTEN FÜR DEN WINTER 2022 //

Dieser Sommer wird heiß: Alle lechzen nach einer präpandemischem Normalität. Ich mag vor allem mal wieder raus aus Berlin und raus aus meinem Alltag. Und ich möchte ein Fest mit meinen Liebsten feiern, irgendwo draußen im Grünen unter der Sonne mit gutem Essen und guter Laune.

Wie hast du den Frühling wahrgenommen? Und welche Pläne verfolgst du für den Sommer? Lass uns gern daran teilhaben.

Alles Liebe
Philipp

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe Handverlesen.